Orientierung

  • Neues Erforschen
  • Altes Wiederentdecken

Analyse und Bewertung der Erweckungsbewegung

1. Allgemeine Merkmale

  • Der große Gegner der Erweckungsbewegung war die in allen Bereichen zur Herrschaft gekommene Aufklärung mit ihrem Rationalismus und Moralismus.
  • Gegen die natürliche Religion der Aufklärung wurde persönliche Buße und Umkehr des Einzelnen betont.
  • Das pietistische Erbe wurde aufgenommen in der Betonung der persönlichen Wiedergeburt, Bekehrung und Heiligung.
  • Die Erweckung hat vor allem dort bleibenden Einfluss erlangt, wo prägende geistliche Persönlichkeiten gewirkt haben.
  • Fast alle Bewegungen blieben im Zusammenhang der bestehenden Landeskirche. Vereinzelt kam es sogar zu einer besonderen Betonung reformatorischen Bekenntnisse.
  • Die Innere Mission und Äußere Mission wurden gleichermaßen als Aufgaben der Erweckungsbewegung erkannt.
  • Die Erweckung zu Beginn des 19.Jahrhunderts war aus evangelischer Sicht eine weltweite Erscheinung.
  • Konfessionsgrenzen traten in der Erweckungsbewegung zunächst in den Hintergrund. Im späteren Verlauf besann man sich aber gerade auf die Schätze der jeweils eigenen Konfession (Konfessionalismus) und grenzte sich stärker ab.
  • Viele Erweckungsprediger waren vom nahen Weltende überzeugt. Dies gab der Bewegung Leidenschaft aber es führte auch zu Sektenbildungen

2. Leistungen

  • Viele soziale Einrichtungen, die es bis heute gibt, wurzeln in der Erweckungsbewegung.
  • Bis heute ist das kirchliche Leben in Deutschland in vielen Punkten durch die Erweckungsbewegung bleibend positiv geprägt worden.
  • Die kirchliche Diakonie hat ihre Wurzeln in der Inneren Mission der Erweckungsbewegung.
  • Die großen Aufbrüche der evangelischen Weltmissionsarbeit waren Resultate der Erweckungsfrömmigkeit.
  • Die evangelischen Freikirchen entstanden im Umfeld der Erweckungsbewegung.
  • Gegen die rationalistische Zerstörung des Vertrauens in die Heilige Schrift wurde die besondere Offenbarung Gottes in der Bibel wieder betont.

3. Defizite

  • Der Pietismus des 17. und 18. Jahrhunderts war eine Reformbewegung die Neuerungen gegen die herrschende Orthodoxie durchsetzte. Die Erweckungsbewegung des 19.Jahrhunderts wirkte dagegen eher reaktionär-konservativ und versuchte die als negativ empfundenen gesellschaftlichen und theologischen Neuerungen wieder rückgängig zu machen.
  • Politisch stehen die Erweckten meist aus Prinzip sehr nah bei der monarchischen Regierung, demokratische Entwicklungen werden sehr skeptisch beobachtet. Damit entfernt man sich von den aufstrebenden Bevölkerungsschichten, die anders denken.
  • Kulturell stellt sich die Erweckungsbewegung selbst ins Abseits, indem man sich z.B. von Theater und allgemeiner Geselligkeit fernhält. Intellektuelle und Arbeiter werden in ihrer Mehrheit nicht mehr erreicht.
  • Theologisch gab es nur wenige Köpfe, die fruchtbar gewirkt haben. Zum großen Teil überließ man der liberalen Theologie das Feld.
  • Gesellschaftlich wurde nur vereinzelt und lokal wirkliche Veränderung erreicht. Vor allem in den Großstädten kam es zu keinem prägenden Einfluss.
  • In Deutschland ist die Erweckungsbewegung aufgrund der politischen Gebietsvielfalt stark zersplittert und lokal begrenzt geblieben. Einen Gesamtführer der deutschen Erweckungsbewegung hat es nicht gegeben, man hat sich dadurch kaum als Gesamtbewegung verstanden und formiert. Dadurch hatte man nicht den nötigen Einfluss, um die Gesellschaft zu durchdringen.

Top