Die Dänisch-Hallische Mission
Der sich seit 1675 ausbreitende Pietismus sorgte mit seiner Betonung der persönlichen Glaubensentscheidung auch dafür, dass im Protestantismus das Bewusstsein wuchs, einzelne Seelen retten zu wollen. König Frederik IV. von Dänemark war Pietist und wollte für seine überseeischen Besitzungen in Tranquebar (Indien), Guinea (Afrika) und St.Thomas (Karibik) gerne pietistische Missionare haben (anstatt dänisch-lutherische Pfarrer). So wurden Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau 1706 ausgewählt und nach Tranquebar ausgesandt. Ziegenbalg übersetzte das Neue Testament ins Tamilische und baute eine umfangreiche Missionsarbeit auf, Er starb nach 13 Jahren Missionsarbeit am 23.2.1719, doch die Arbeit der dänisch-hallischen Mission ging weiter. Allein in den ersten Jahrzehnten wurden 40.000 Einheimische getauft.
Schon Francke erkannte, dass die Mission eine Infrastruktur brauchte. So sammelte er Freundeskreise unter den erweckten Pietisten, ließ Briefe von Ziegenbalg veröffentlichen (erste kontinentale Missionszeitschrift „Merkwürdige Nachrichten aus Ostindien“), sammelte Kollekten für die Mission und initiierte Gebetskreise. Freiwillige Missionskreise und nicht die offizielle Kirche unterstützten die Mission. Diese grundsätzliche Struktur hat sich bewährt bis heute.
Später weitete sich die Missionsarbeit der deutschen Missionare auch auf das Gebiet der englischen Besitzungen unter den Tamilen aus. Der berühmteste Missionar dieser Zeit wurde Christian Friedrich Schwartz (1724 – 1798). Die dänisch-hallische Mission zerbrach dann durch die Aufklärung an der Universität Halle. Die Reste der Arbeit wurden 1837 von der Leipziger Mission übernommen.
- Wegweisend für die weitere Missionsgeschichte wurden folgende Prinzipien:
- Kirche und Schule gehören zusammen (Schulung von Einheimischen zum Lesen)
- Primat der Übersetzung der Bibel, damit das Evangelium wirklich verstanden wird
- Die Predigt des Evangeliums muss sich auf eine genaue Kenntnis der Kultur und Gedankenwelt des Volkes gründen.
- Das Ziel ist die persönliche Bekehrung Einzelner
- So früh wie möglich müssen einheimische Pastoren ausgebildet werden.
Die Missionsarbeit der Herrnhuter
Von Beginn an betonte Zinzendorf den Sendungsaspekt seiner Arbeit. Die in Herrnhut erlebte Gemeinschaft im heiligen Geist sollte in alle Welt getragen werden. Schon 1727 wurden Brüder nach Jena und Dänemark geschickt, 1728 nach London. Im Jahr 1732 sandte man dann die ersten Heiden-Missionare auf die karibische Insel St.Thomas um schwarzen Sklaven das Evangelium zu bringen. Herrnhuter evangelisierten unter Sklaven, Hottentotten und Indianern. 1733 gingen zwei herrnhutische Missionare nach Grönland, wo durch die Missionsarbeit des norwegischen Lutheraners Hans Egede der Boden schon vorbereitet war. 1738 brach hier eine Erweckung unter den Eskimos aus.
Oft durchs Los bestimmt gehen Herrnhuter Brüder und Schwestern meist spärlich ausgebildet in 28 Missionsgebiete. Dort lebten sie mit den Heiden und mussten sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Ziel waren vor allem unterdrückte und versklavte Volksgruppen. Bis 1760 wurden 200 Herrnhuter Missionare ausgesandt, ihre Zahl übertraf die Halleschen Missionare bald um ein Vielfaches. Durch den Verzicht auf eine konfessionelle Prägung und die Unabhängigkeit von Kolonialmächten hatten die Herrnhuter Missionsgründungen eine große Ausstrahlung. Zinzendorf selbst verbrachte viele Jahre auf den Missionsfeldern, wo er oft für großes Aufsehen sorgte. So begrüßte er als Reichsgraf eine Christ gewordene schwarze Sklavin mit einem Handkuss. Er lebte mit Indianern zusammen und war tief beeindruckt von der Ursprünglichkeit ihres Lebens. Die Missionsarbeit führte dazu, dass die Brüder-Unität heute 762.000 Mitglieder in 30 Ländern umfasst.
Die Missionsprinzipien der Herrnhuter waren:
- Christozentrismus. Jesus und seine Liebe sollten im Mittelpunkt der Verkündigung stehen.
- Gründung von Auswahlgemeinden. Zinzendorf wollte nur Erstlinge aus allen Völkern gewinnen. Die Bekehrung ganzer Völker erwartete er erst für das Tausendjährige Reich. Vielfach kam es aber dennoch aus kulturellen Gründen zu ganzen Stammesbekehrungen, so dass die Vision verändert werden musste.
- Risikobereitschaft: Das Motto der Herrnhuter lautete: „Besser hundert und vergebliche als keine Unternehmungen zur Ehre des Heilands!“
Fazit
Aus missionsgeschichtlicher Sicht gilt das 18.Jahrhundert als die Zeit der Anstöße und ersten Aufbrüche. Es sind noch keine großen Zahlen vorzuweisen, aber es entstehen zukunftsweisende Strukturen, vor allem die ersten Missionsgesellschaften als freie Vereine, die durch Spender getragen werden. Die größte Zahl und die bedeutendsten Missionare sind Deutsche. Alles in allem hätte aber um 1800 niemand gedacht, dass sich Christentum zu einer Weltreligion entwickeln könnte. Noch gab es nur vereinzelte bekehrte Heiden, 99 % der Christen waren Europäer (bzw. europäische Einwanderer in Nordamerika) aber gerade in Europa leerten sich die Kirchen durch die Einflüsse des Rationalismus und der Aufklärung.