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Auf diesen Seiten präsentieren wir Ihnen neue Buchbesprechungen.

Die Auswahl umfasst aktuelle Titel aus allen Gebieten der Theologie oder Gemeindepraxis. Rezensenten sind Lehrende und Absolventen der Ev. Hochschule TABOR. Sie können die hier vorgestellten Bücher einfach und bequem über unseren Shop bestellen.

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August 2017

Guido Baltes

Paulus — Jude mit Mission. Alter Glaube in einer veränderten Kultur.

Verlag: Francke Verlag

Jahr: 2016

Seiten: 334

Sprache: deutsch

ISBN: 978-3-86827-617-6

Preis: 14,95 €

 

Paulus — Jude mit Mission. Alter Glaube in einer veränderten Kultur” lautet der Titel des zweiten Buchs von Guido Baltes, dass sich damit auseinandersetzt, wie Jesus (Buch 01), bzw. Paulus (Buch 02) als Jude wahr- und ernstgenommen werden kann — und was daraus für unsere Theologie und unseren Glauben folgen könnte oder sollte.
Der Titel des ersten Buches “Jesus, der Jude und die Missverständnisse der Christen” erschien mir deutlich zu reißerisch, weswegen ich das, mir geschenkte, Buch lange nicht lesen wollte. Irgendwann tat ich es doch, weil ich Bücher nicht lange einfach so rumliegen lassen kann. Auch inwendig kam es mir in Teilen ein bisschen arg oberlehrerhaft daher — ansonsten war ich inhaltlich aber positiv überrascht.
Umso gespannter war ich nun in Bezug auf das Buch zu Paulus.

Guido Baltes führt gründlich in dieses Buch ein und nimmt den Leser gleich zu Beginn mit hinein in jüdisches Denken und Entwickeln. Ebenso, wie es im Judentum üblich sei, nicht nur rein fertige gedankliche Gebäude und Ergebnisse zu präsentieren, sondern dem miteinander Diskutieren und den unterschiedlichen Meinungen ein eigener Wert zugeschrieben wird, versteht Baltes sein Buch als einen nicht abgeschlossenen Gedanken- und Diskussionbeitrag. Dabei drehen sich Gedanken und Argumente rund um Fragen, wie: “Wie ändert sich mein Bild von Paulus, wenn ich ihn nicht durch die gewohnte Brille meiner christlichen Tradition betrachte, sondern durch die Brille des jüdischen Glaubens? (…) ist es möglich, Paulus als einen Juden zu verstehen, der das Judentum Zeit seines Lebens nicht verlassen hat? Der festhielt am Glauben seiner Väter, am Gesetz des Moses, am Tempel in Jerusalem, an der Hoffnung auf den Messias? Und der dennoch diesen Glauben auch mit denen teilen wollte, die keine Juden waren?” (8).

Dazu startet Guido Baltes mit einem Überblick über gängige theologische Sichtweisen, die verschiedene bibl. Personen und deren “Theologie” gegeneinander ausspielen — etwa Mose gegen Paulus oder Jesus gegen Paulus und die daraus. Baltes markiert diese als Vorurteile, die unsere Sichtweise z.B. auf Paulus stark beeinflussen und damit auch unser Verständnis seiner Theologie — d.h. letztlich unserer Theologie. Auf diese, von ihm “Keile” genannten, Vorurteile wird Baltes an vielen Stellen seines Buches in der Bewertung theologischer Sichtweise und Positionen als Schwachstelle eben dieser zu sprechen kommen.
Weiter beschäftigt er sich mit grundlegenden Fragen zu den Quellen über Paulus und streift dabei Fragen zur Glaubwürdigkeit der Bibel generell, Einleitungsfragen der “Paulus”Briefe, der Glaubwürdigkeit der Apostelgeschichte als historischem Bericht u.ä.

Darauf aufbauend beschreibt Baltes Paulus mit seiner jüdischen Vergangenheit und dem damit zusammenhängenden Glauben und Weltbild — besonders anhand von Texten, in denen Paulus selbst über sein Leben Auskunft gibt. Hier zeigt sich Baltes sowohl breite als auch tiefe Kenntnis des Judentums deutlich, die den Leser mit hinein nimmt in die jüdische Welt der damaligen Zeit und Paulus Aussagen hier einzuordnen und verständlich zu machen vermag. Dabei leuchtet sowohl der Stolz des Paulus auf seine jüdischen Wurzeln und seinen Glauben auf, wie seinen übertriebenen religiösen Eifer und seine Gewaltbereitheit — beides gehört zu Paulus und seiner jüdischen Vergangenheit.

Baltes stellt in der Folge christlich-allgemeingültige Vorstellungen und Überzeugungen immer wieder in Frage und zeigt jeweils verschiedene andere Sichtweisen und deren Argumente auf, wägt diese ab und schlägt dann eine mögliche eigene Sichtweise vor.
Zumeist entwickelt er aus dieser möglichen Sichtweise dann neue Fragen, die im weiteren beantwortet werden, so dass er sich das ganze Buch über kreisend mit den schon vorgestellten Grundfragen beschäftigt.

So beschäftigt er sich beispielweise mit der landläufigen Sicht des Damaskuserlebnisses in Apg9 als “Bekehrung” (vom Juden- zum Christentum) und kommt dabei zu dem Schluss, dass es bei diesem Erlebnis vielmehr um, im jüdischen Glauben tief verwurzelte, Einsicht in einen falschen Weg (die Verfolgung der Christen) und dem entsprechende Umkehr ging, bei er gleichzeitig Gottes Barmherzigkeit und Vergebung erlebte (wie beim großen Versöhnungstag). D.h. Baltes sieht hier die Möglichkeit, dass Paulus auch nach diesem Erlebnis weiter Jude ist, der umkehrt und sich damit Gott wieder zuwendet. Dies führt ihn zu der Frage, ob und wie es denn generell möglich sein kann, dass ein Jude, Jude bleibend, an Jesus glauben kann. Wie also eine Umkehr im jüdischen Sinne geschehen kann und von was man sich, zu Gott umkehrend, denn dann abwende.

Natürlich spielt in diesen Zusammenhängen auch die Frage nach Paulus Theologie eine große Rolle, weswegen sich Baltes z.B. ausführlich mit der sogenannten “new perspective” auseinandersetzt und damit der Frage, inwieweit in “unserer” Sicht von Paulus und seiner Theologie die Rechtfertigungsfrage einen viel zu großen Platz einnimmt und wichtigere Aspekte der paulinischen Theologie verdrängt.
Auch hier denkt er die Sache konsequent unter dem Oberthema “Paulus der Jude” und kommt zu dem Schluss, dass die Rechtfertigungslehre bei Paulus sehr wohl eine große Rolle spielt. Allerdings nicht, weil das das zutiefst neue und christliche an Paulus Theologie wäre, sondern gerade in der Kontinuität zum Judemtum. Baltes sieht die Rechtfertigungslehre verankert in der Tora und den Vorschriften zum Versöhnungstag.

Guido Baltes legt hier einen tiefgehenden Gesprächsbeitrag zur Frage nach Paulus als Juden vor und zieht mit dieser Brille einige theologische Allgemeinweisheiten in Frage, kritisiert Entwicklungen der Theologiegeschichte, kratzt am bei uns vorherrschenden Paulusbild und vermag es das christliche Selbstverständnis und das Bild des Judentums heilsam ins Wanken zu bringen.
Dass die Argumentationen zu manchen Themen deutlich stärker erscheinen als bei anderen unterstreicht den Charakter des Buches als Gesprächsbeitrag, der nicht das fertige Ergebnis verkünden möchte und lädt damit um so mehr zum Weiterdenken und Diskutieren ein. Genau dies ist aber auch nötig, um wirklich Gewinn aus der Lektüre davon zu tragen.

Wer sich darauf einlässt, darf auf horizonterweiternde, den eigenen Glauben und theologische Sichtweisen prägende Gedanken gespannt sein, die dem jüdischen Glauben einen neuen, vielleicht bisher ungeahnten, Wert beimessen.

 

Heiko Metz

 

 

Juli 2017

Ulrich Berges & Willem Beuken

Das Buch Jesaja. Eine Einführung.

Reihe: UTB 4647

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht

Jahr: 2016

Seiten: 241

Sprache: deutsch

ISBN: 978-3-8252-4647-1

Preis: 22,99 € (Print); 18,99 (Online-Zugang)

 

Das Jesajabuch kennen und vertiefen

Die prophetischen Bücher des Alten Testaments sind einerseits äußerst faszinierend mit ihrer beißenden Kritik, ihrer rhetorischen Brillanz, ihren vielfältigen Verknüpfungen verschiedener theologischer Themen und ihrer Bedeutung für gesamtbiblische Zusammenhänge. Andererseits stellen sie wegen der abrupt wechselnden Themen und Aussagen, der unterschiedlich deutlichen Bezüge auf bestimmte historische Situationen, der ungewohnten Bildsprache und der andersartigen Argumentationsgänge jede Auslegerin und jeden Ausleger vor beachtliche Herausforderungen. Zumindest für Studierende und Hauptamtliche, die ein gewisses Grundwissen im Blick auf das Alte Testament mitbringen, legen die ausgewiesenen Spezialisten Ulrich Berges (Prof. in Bonn) und Willem Beuken (Prof. em. in Leuven/Belgien) nun eine Einführung in das Jesajabuch vor, die sensibel die möglichen historischen Bezüge erhellen, Zusammenhänge innerhalb des Jesajabuches aufzeigen und mit einem bedenkenswerten methodischen Ansatz die Gedankengänge innerhalb des gesamten Buches nachzeichnen. Dass sie dabei sowohl für das gesamte Jesajabuch als auch für dessen Unterabschnitte zentrale theologische Aspekte hervorheben, ist ein besonderes Verdienst dieses Buches und hebt es aus nahezu allen anderen bekannten Einführungen heraus.

Im ersten einleitenden Teil heben Berges und Beuken hervor, wie wichtig die Wahrnehmung der prophetischen Bücher in ihrer vorliegenden Gestalt ist, zeichnen wichtige Stationen der Forschungsgeschichte nach und stellen ihre Vorstellung von der Entstehung des Jesajabuches vor. Daran schließen sich Ausführungen zu den verschiedenen Textfassungen an, wie wir sie im Masoretischen Text, in Qumran und in weiteren frühen Übersetzungen finden, und wie diese sich zueinander verhalten. Das eigene Modell der Entstehung des Jesajabuches wird dann in den Kontext weiterer prominenter Entstehungshypothesen gestellt und der Ansatz vorgestellt, prophetische Bücher als „dramatische Texte“ zu lesen, in denen „Akte“ und „Szenen“ fortlaufend eine bestimmte Handlungsabfolge („Plot“) bilden. Dies ermöglicht es einerseits den Argumentationsgang innerhalb einer größeren Einheit („Akt“) und deren Unterabschnitte („Szene“) wahrzunehmen und andererseits den großen Zusammenhang des ganzen Buches und der Querbezüge unter den verschiedenen Einheiten in die Auslegung einfließen zu lassen. Abgeschlossen wird der einleitende Teil mit einer substantiellen Zusammenstellung der Gottesnamen und –metaphern im Jesajabuch. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er einmal die Gottesnamen beachtet, die sich durch das gesamte Jesajabuch ziehen („Heiliger Israels“, „JHWH“, „Adonaj“, „JHWH Zebaoth“; Königsmetapher), zum anderen die auf bestimmte Abschnitte begrenzten Gottesnamen und –metaphern benennt. So bietet dieser Abschnitt eine komprimierte und differenzierte Theologie, die zudem das dialektische Verhältnis von Reden über Gott und Reden Gottes im Jesajabuch zusammenhält.

Im zweiten Teil nehmen Berges und Beuken dann die Leserinnen und Leser mit auf ihren Gang durch das Jesajabuch. Dabei charakterisieren sie zunächst den Argumentationsgang jedes Aktes und gehen dann detaillierter auf Gedankengang und historische Bezüge und Entstehungsgeschichte jedes Unterabschnittes („Szenen“) ein. Dieses Vorgehen wird von ihnen „diachron reflektierte Synchronlesung“ genannt, d.h. sie beziehen in ihre Auslegung des vorliegenden Textes („Synchronlesung“) seine mögliche mehrstufige Entstehungsgeschichte („diachron“) mit ein. Abgeschlossen wird jede Szene mit einer Zusammenstellung wesentlicher theologischer Aspekte. Auf diese Weise kann man einerseits den Gedankengang des gesamten Jesajabuches in einem verhältnismäßig überschaubaren Umfang kennen lernen, sich mit Thesen seiner Entstehung vertraut machen aber auch die zentralen theologischen Themen erarbeiten.

Hier wird man im Detail auch zu anderen Auslegungen und Schlussfolgerungen kommen (so z.B. zur Entstehung des Jesajabuches, zu Einteilungen der „Akte“ und „Szenen“, zur Interpretation des Gottesknechts), doch sollen und können diese den hohen Wert dieses Buches nicht schmälern: Hier verbindet sich jahrzehntelange Forschung am Jesajabuch mit einem kreativen methodischen Ansatz, der die rhetorische Brillanz des Jesajabuches in aller Differenziertheit wie in ihrem Zusammenhang erhellt und dabei die theologischen Gehalte herausstellt ohne ihre Herausforderungen zu unterschlagen. Nicht zuletzt bekommt man mit dieser Einführung eine hilfreiche Zusammenfassung der monumentalen Jesajakommentierung der Reihe „Herders theologischer Kommentar zum Alten Testament“ (bisher 5 Bände zum Jesajabuch), die Willem Beuken und Ulrich Berges ebenso verfasst haben bzw. verfassen.

Prof. Dr. Torsten Uhlig

 

 

Juni 2017

Uwe Birnstein

Argula von Grumbach. Das Leben der bayerischen Reformatorin.

Verlag: Neufeld Verlag

Jahr: 2014

Seiten: 128

Sprache: Deutsch

ISBN 978-3-86256-048-6

14,90 €

 

So richtig fing es mit der Affäre Seehofer an. Seehofer brachte nicht nur Ingolstadt, namentlich die dortige Hohe Schule in Aufruhr, sondern auch die Regierungshauptstadt in München.

Der 18-jährige Student Arsacius Seehofer wurde von Leonhard von Eck, Rektor der Ingolstädter Universität zum Widerruf seiner in reformatorischen Lehren gezwungen, die er während seines Studiums in Wittenberg begeistert übernommen hatte. Diese Lehren seien eine Gefahr für die Universität Ingolstadt und so schlug Leonhard von Eck dem bayrischen Herzog Wilhelm IV. vor, dass Seehofer seine Lehren unter Eid widerrufen solle und danach in ein Kloster strafversetzt zu werden. Schließlich widerrief Seehofer und wurde ins Kloster Ettal versetzt. Zudem wurden zwölf seiner Schüler in den Kerker der Universität gebracht und mussten sich der kirchlichen Lehre unterwerfen.

Als die Adlige Argula von Grumbach davon erfuhr, empörte sie sich über die Vorgänge und setzte sich engagiert für die Erkenntnisse der Reformation und Arsacius ein. Sie schrieb Sendbriefe an die Ingolstädter Universität und die bayrische Regierung voller Bibelzitate und theologisch-reformatorischer Argumente. Diese fanden großes Aufsehen, wurden tausendfach nachgedruckt und sogar durch ein anonymes Schmähgedicht düpiert.

Argula von Grumbach (1492–1554) war eine mutige, neugierige Frau. Wissensdurstig las sie die verschiedensten Bücher, darunter auch die Schriften der Wittenberger Reformatoren, insbesondere Martin Luthers. Diese begeisterten sie und sie vernetzte sich mit den theologischen Vordenkern. Sie schrieb Briefe mit Martin Luther, den sie später auch auf der Veste Coburg traf und tauschte sich mit Georg Spalatin und Andreas Osiander aus. Dem Nürnberger Reichstag wohnte sie bei und reiste nach Augsburg, wo der reformatorische Glaube verteidigt wurde.

Wirklich, Argula von Grumbach war eine Reformatorin — voller Leidenschaft für die Bibel, die ihr die Gnade Gottes zeigte, voller Courage für Gerechtigkeit einzustehen und voller Kontaktfreudigkeit. Man könnte meinen, das Leben der Adligen sei voller Glanz und Glamour, doch musste sie viele Schicksalsschläge in ihrem Leben erleiden.

Über all das berichtet der evangelische Theologe und Journalist Uwe Birnstein kenntnisreich und mit gut aufbereitetem Literaturverzeichnis. Lebhaft und plastisch beschreibt er das Leben der Reformatorin, sodass sich das Buch leicht lesen lässt. Hilfreich sind zudem Birnsteins Ausführungen zur Reformationsgeschichte, zum bayrischen Adel sowie zur Rolle der Frau in der Renaissance.

Uwe Birnstein geht transparent mit uneindeutigen  Erkenntnissen zu Argula von Grumbachs Biografie um und schreibt diese im Konjunktiv und stellt immer wieder klar, dass dieses oder jenes Ereignis nur „wahrscheinlich“ oder „vermutlich“ eingetroffen sei. Diese wissenschaftlich redliche Vorgehensweise erschwert meines Erachtens allerdings immer wieder den Lesefluss.

Die Geschichte untermalen vielfältige Bilder der Protagonisten, Orte oder Schriften. Außerdem ist die Biogafie durch einen Reiseführer mit verschiedenen Routen zu den fränkischen und bayrischen Wirkungsstätten von Argula von Grumbach ergänzt, die Lust auf Besuche machen.

Das Lesen dieser Biografie der Reformatorin lohnt sich – nicht nur zum Reformationsjubiläum 2017! Denn Leben, Glauben und Handeln der Frau aus Franken hinterfragen und ermutigen zum beherzten Einstehen für Einsichten der Reformation. Aber nicht nur das – durch den angehängten Reiseführer eignet sich das Buch auch sehr gut als gemeinsame Lektüre für Gemeinden, Bibelstunden oder Hauskreise, die sich auf die Spuren der Adligen begeben möchten.

 

Kathinka Hertlein

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Mai 2017

Heinzpeter Hempelmann

Auf dem Weg zu einer milieusensiblen Kirche.

Die SINUS-Studie „Evangelisch in Baden und Württemberg“ und ihre Konsequenzen für kirchliche Handlungsfelder

Verlag: Neukirchen-Vluyn

Jahr: 2015

Seiten: 387

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3788729240

19,99 €

Ein Milieu-Buch – Muss ich das lesen?

„Milieus? Ach die kenne ich! Das sind diese Kartoffelgrafiken…“ – Mit Sicherheit geht es nicht allen so, aber zumindest mir ging es so. Ich hatte hier und da mal eine Unterrichtsstunde oder einen Vortrag zu diesem Modell und auch den Eindruck, es verstanden zu haben. Wozu also noch ein Buch darüber lesen? Ich habe es trotzdem gewagt, weil es mir als eines der wichtigsten empfohlen wurde, die es zurzeit auf dem Markt zu dem Thema gibt. Warum ich das Lesen des Buches nicht bereut habe, möchte ich nun schildern.

Was sind überhaupt Milieus?

Als ich die ersten Seiten las, kam in mir die Frage auf: Was genau sind eigentlich Milieus? Durch die schönen Graphiken hatte ich so eine Intuition, aber ich konnte es nicht konkret definieren. Und das ist das Problem: Die Graphiken sind so einleuchtend, dass man kaum ein Bedürfnis verspürt, weiter nachzuhaken, was eigentlich dahinter steckt. Als ich mich dann aber doch dafür geöffnet habe, habe ich erst einmal gemerkt, was ich eigentlich alles nicht weiß: Milieus sind die präzisere Variante vom Schichtenmodell unserer Gesellschaft. Weil die Gesellschaft immer komplexer wird, reicht es nicht mehr aus, nur nach Gehalt und Bildung in Ober-, Mittel- und Unterschicht einzuteilen, sondern auch nach Lebensstilen und Werten. Wenn wir zwei Leute nehmen, die gleich viel verdienen, heißt das noch lange nicht, dass sie ähnlich arbeiten, konsumieren, Freizeit gestalten, Musik hören usw. Kurzum: Milieus bilden Gruppen gleich Gesinnter.

Was bringt mir das als Christ/Hauptamtlicher/Ehrenamtlicher/Mitarbeiter in Kirche oder Gemeinde?

Es geht in dem Buch nicht primär um die Definition und Charakteristika von Milieus – wenn es darum gehen würde, wäre es überflüssig, weil es dazu schon genug andere Bücher gibt. Es stellt die Milieus natürlich ganz kurz vor, widmet sich aber vor allem dem, was noch nicht klar beleuchtet ist: Die zentrale Frage ist, wie der Bezug der Milieus zu Kirche, Glaube und Gott ist. In den Milieu-Studien erfahren wir viel über innere Einstellungen und Lebensentwürfe. Das Besondere an dem Buch ist, dass es diese allgemeinen Erkenntnisse mit Fragen aus der Gemeindearbeit verbindet. Ich möchte ein Beispiel geben: Wussten Sie, dass es Menschen gibt, deren beliebteste Form von Mitarbeit großzügige Spenden sind? Man muss nur die richtigen Leute fragen! Oder wussten Sie, dass andere am liebsten kommen, wenn sie sich aktiv beteiligen dürfen und ansonsten lieber zu Hause bleiben? Wir suchen doch Mitarbeiter –  manche warten nur darauf, angesprochen zu werden. Vieles können wir uns nicht vorstellen, weil uns andere Lebenswelten fremd sind. Das Buch hilft, Perspektiven anderer einzuüben, und zwar ganz konkret angewendet auf Fragen wie Mitarbeit, Bild von Kirche und Gottesdienst usw.

Grenzen und Chancen

Der Milieu-Ansatz möchte kein Allheilmittel sein. Man kann zu schnell zu viel davon wollen, und dann klappt es nicht und man ist frustriert. Daher ist der richtige Umgang mit diesem Ansatz wichtig, der im Laufe des Buches entfaltet wird. „Wir haben eine Veranstaltung geplant, beworben und alles vorbereitet – aber dann ist fast keiner da gewesen. Warum?“ Das Buch hilft zu sehen, woran es vielleicht gelegen haben kann. Und andersherum: „Wir möchten gerne mehr Menschen erreichen als bisher. Worauf müssen wir achten? Wie muss Einladung, Dekoration, Musik und Programm sein, damit es anziehend wird?“ Für solche Fragen hilft dieses Buch nicht nur mit den Texten, sondern auch mit übersichtlichen Tabellen, z. B. zu der Frage, was für welches Milieu dran ist. Beigelegt ist auch eine CD mit Graphiken und Erläuterungen, mit der man bei Bedarf noch tiefer bohren kann. Alles in allem ein praktisches Handbuch – aus meiner Sicht ein absolutes Must-Have für Arbeit in Kirche und Gemeinde.

 

Zacharias Shoukry

Studentische Hilfskraft im TANGENS Institut.

 

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März 2017

Jürgen Thiesbonenkamp

Die Welt braucht starke Kinder. Meine Erlebnisse mit der Kindernothilfe.

Verlag: Neukirchner Verlagsgesellschaft

Jahr: 2016

Seiten: 196

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-7615-6363-2

Preis 16,99 €

 

Jürgen Thiesbonenkmap, der der Kindernothilfe von 2003 bis 2014 vorstand, nimmt den Leser in seinem Buch „Die Welt braucht starke Kinder“ mit auf Weltreise und lässt ihn in verschiedene Projekte der Kindernothilfe hineinschnuppern. Er stellt einzelne Kinder und Familien vor, die sich nicht unterkriegen lassen trotz aller Armut, Unterdrückung, bitterem Leid und zum Himmel schreiender Gewalt. 
 
Fünf verschiedene Länder, Projekte und Kinder bekommt man hier so deutlich vor Augen gemalt, dass die Armut dem Leser weh tut, er vor der Gewalt zurückschreckt und kaum anders kann als mitzuleiden. Die Darstellung ist einfach, klar, oft schonungslos und nimmt dem Leser seine Naivität.
Gleichzeitig gelingt es Thiesbohnenkamp die schier unglaubliche Stärke der Kinder einzufangen, ihren Willen, sich den Umständen nicht zu ergeben, ihre Würde je wieder neu zu erkämpfen und bewahren und das Leben festhalten. Man mag zwischenzeitlich beim Lesen geneigt sein, die Kinder ermutigend in den Arm zu nehmen und zu flüstern „Du schaffst das!“, mindestens will man sie anfeuern. 
Über all dem wird quasi mit Händen greifbar, wie wichtig die Arbeit von Werken, wie der Kindernothilfe ist — und wie viel Arbeit noch zu tun ist, um Kindern weltweit Hoffnung, Würde und die Möglichkeit, ihr Leben wirklich selbst in die Hand nehmen zu können, zu geben. 
 
So nimmt das Buch dem Leser zwar auch die letzte Naivität im Blick auf die Situation von viel zu vielen Kindern auf dieser Welt — lässt ihn aber gleichzeitig nicht ratlos zurück. Es zeigt einen Weg auf, was getan werden kann (und muss) — und lässt Hoffnung aufkeimen, dass sich wirklich etwas ändern lässt — für die Kinder -  und damit für die ganze Gesellschaft. 
 
Schon der Kauf des Buches hilft — 1€ des Kaufpreises kommt der Kindernothilfe zu Gute. Ein Grund mehr, dieses Buch auf die Liste der zu lesenden Bücher zu setzen!
 
 
 
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Februar 2017

Nadia Bolz-Weber

„Ich finde Gott in den Dingen, die mich wütend machen“  Pastorin der Ausgestoßenen

Verlag: Brendow

Jahr: 2015

Seiten: 256

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-86506-780-7

Preis 16,95 €

 

Was für ein Titel — Gott in den Dingen finden, die mich wütend machen. Wie soll das denn gehen, frage ich mich beim ersten Blick.

Was für ein Titelbild — Eine Frau in Pastorenkleidung mit großem Umhängekreuz und bunten Tattoos auf den Armen. Ungewohnt, irgendwie seltsam, irgendwie cool, denke ich.

Was für ein Buch — Nadia Bolz-Weber beschreibt in 19 teils knallig-ruppig betitelten Kapiteln (etwa „Eunuchen und Zwitter“, „Dämonen und Schneeengel“, „Bier und Choräle“) ihren Lebensweg und nimmt auch innerhalb der Kapitel kein Blatt vor den Mund. Ihre Sprache ist oft hart und rau, manchmal anstößig, teilweise vulgär und gleichzeitig sehr oft tiefgehend, voller Liebe und Fragen.

Vor allem aber sind Sprache und Inhalt eins: entwaffnend ehrlich.

Bolz-Weber beschreibt ihre Kindheit in einer fundamentalistischen Gemeinde, ihre Jugend als Drogenjunkie, ihren Alkoholismus und den schweren Weg des Entzugs, ihre Berufung auf einer Beerdigung und Episoden des Gemeindelebens als Pastorin der Gemeinde „Haus für alle Sünder und Heiligen“.

Sie beschönigt dabei nichts, bleibt aber nicht bei plakativen Beschreibungen stehen, sondern nimmt den Leser mit hinein in ihre eigenen Fragen, Zweifel, Egoismen, inneren Kämpfe und das ganze Ausmaß der Zerbrochenheit in ihrem Leben und dem ihrer Gemeindeglieder.

Genau in all diesem Leid, dieser Zerbrochenheit und dem Scheitern an sich selbst erlebt sie Gott als den, der da ist. Mitten in der Wut, besteht sie trotzig auf Gottes Gnade.

„Gott schaute nicht vom Himmel herab auf das Leben und den Tod Jesu, um ihn grausam leiden zu lassen. Gott schaute nicht herab aufs Kreuz. Gott hing am Kreuz. Gott hat sich ganz tief in unseren Schmerz, unseren Verlust und unseren Tod hineinbegeben, und er nahm all das in sich selbst auf, damit wir erkennen können, wer Gott wirklich ist. […] Gott ist nicht fern am Kreuz, und er ist nicht fern in der Trauer der plötzlich mutterlosen Kinder im Krankenhaus. Sondern Gott ist mittendrin, da, wo die Wimperntusche in Streifen übers Gesicht fließt, und es geht ihm damit genauso beschissen wie uns allen. Es gibt einfach keine für uns begreifliche Antwort auf die Frage, warum es Leid gibt. Aber es gibt Sinn.  (…) Wir wollen Antworten von Gott, aber manchmal bekommen wir stattdessen Gottes Gegenwart.“ (S. 123)

Nadia Bolz-Weber malt in leuchtenden Farben einen Glauben vor Augen, der auf die Gnade setzt und ganz an Jesus angedockt ist — und gleichzeitig um die eigene Fehlerhaftigkeit weiss.
Sie zeichnet aber auch das Bild ihrer eigenen Person, die durch viel Leid und Kampf zu Gott fand, Menschen, die Zerbruch erlebt haben, deswegen annehmen und lieben will und gleichzeitig weiss: Sie — als Person — wird Menschen enttäuschen. Gottes Gnade dagegen nie.

„Ich darf meinen Lebensunterhalt damit verdienen eine Person zu sein. Eine Person, die jeden Morgen an ihre schrullige kleine Gemeinde denkt und betet: Oh Gott, sie ist so wunderbar. Hilf mir, dass ich sie nicht versaue.“ (S. 253)

Die Geschichte von Nadia Bolz-Weber und ihre konzeptualisierte, lutherische Theologie fordern heraus, evtl. festgefahrene christliche Sichtweisen zu entlarven und neue Blickwinkel einzunehmen. Sie fordert zu Ehrlichkeit und einem tiefen Vertrauen auf die Gnade Gottes heraus.

Mich hat dieses Buch zum verlegenen Grinsen, Weinen, Ärgern und Staunen gebracht — und lässt mich mit der Frage zurück, wie wir als Gemeinden „Häuser für alle Sünder und Heiligen“ sein können — also für Drogenabhängige, Prostituierte, Hartz4-Empfänger, Nazis, uns und sonstige Kaputte.

 

Heiko Metz

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Januar 2017

Jörg Jeremias

Theologie des Alten Testaments

Reihe: Altes Testament Deutsch, Ergänzungsreihe 6. Grundrisse zum Alten Testament

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht

Jahr: 2015

Seiten: 504

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-525-51696-6

Preis 80,00 €

Eine Theologie des Alten Testaments, die den Wald und die Bäume sieht!

Die Beschäftigung mit dem Alten Testament gleicht durchaus der Betrachtung eines Waldes: Man würde viel verpassen, sähe man sich diesen nur aus der Ferne an und begnügte man sich mit der Totalansicht: denn in dem Wald bieten ganz verschiedene Bäume ganz verschiedenen Lebewesen Raum, Schutz und Entfaltungsmöglichkeiten. Man sollte in den Wald gehen, sich die verschiedenen Pflanzen, ihre Standorte, Lebensräume und unterschiedlichen Lebensalter ansehen, Bäume an verschiedenen Orten untersuchen, jüngere und ganz altehrwürdige. Doch gleichzeitig hat man es eben nicht nur mit einzelnen Bäumen zu tun – sondern mit einem Ganzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile.

Mit der nun vorliegenden Theologie des Alten Testaments von Jörg Jeremias (emeritierter Professor für Altes Testament, der in Marburg und München lehrte) hat man eine dieser seltenen Exemplare vor sich, die sich nicht auf die Details beschränkt, sondern auch immer wieder die größeren Zusammenhänge in den Blick nimmt und sich gleichzeitig nicht nur auf den oberflächlichen Blick begrenzt, sondern in die Tiefe geht – eine Theologie des Alten Testaments, die den Wald und die Bäume sieht.

Programmatisch stellt Jeremias seinem Vorhaben den Satz an den Anfang: „Eine ‚Theologie des Alten Testaments (AT)‘ zielt darauf ab, die Ergebnisse der wissenschaftlichen Bemühungen um das Verständnis der alttestamentlichen Texte sowohl für die Theologie als auch für die Kirche zu bündeln und insbesondere die zentralen Gottesaussagen des Alten Testaments zu erheben.“ (S.1) Damit sind drei wesentliche Charakteristika seiner Theologie des AT schon in den Blick genommen: Jeremias nimmt die jeweiligen wissenschaftlichen Diskussionen der historisch-kritischen Auslegung des Alten Testaments differenziert wahr – in vielen Bereichen bis hin zu neuesten Veröffentlichungen (so zur Diskussion um das Alter der Theophanieschilderungen, um die Entstehung des Pentateuch, zur Diskussion um das Bilderverbot und den bildlosen Gottesdienst im Tempel des vorexilischen Juda; zur Hermeneutik des Zwölfprophetenbuches sowie seiner Entstehung); führt diese jedoch zu einer bemerkenswerten Gesamtkonzeption zusammen und konzentriert sich dabei v.a. auf die Theologie – die Aussagen über Gott.

Diese an der Differenzierung wie an der Gesamtsicht orientierte Theologie mündet am Ende unter Aufnahme von Luthers Unterscheidung zwischen „deus absconditus“ (dem verborgenen, rätselhaften Gott) und „deus revelatus“ (dem offenbaren Gott) in eine (zusagende) Appellation: „Theologen müssen für Luther von beiden Gestalten Gottes wissen, aber auf die Kanzel gehört nur die Rede vom offenbaren Gott.“ (S.494–495) Gott hat sich „durch sein Wort in Grenzen eingeschlossen“ und so kann man mit Luther die Glaubenden an Gottes Wort weisen, denn „wie Hiob in seinem Leid in freudigem Erschrecken und zitternder Sehnsucht der Gottesbegegnung entgegenblickt […], so soll sich nach Luthers Rat der Christ an die Schrift halten, in der er ‚nicht subjektive Ansichten‘ findet, sondern ‚verbindliche Aussagen, die gewisser und unerschütterlicher sind als das Leben selbst und alle Erfahrungen‘.“ (S.495)

Innerhalb dieses Rahmens kann man im Werk von Jeremias einen konzentrischen (ringkreisförmigen) Aufbau wahrnehmen:

Im einleitenden Teil positioniert Jeremias seine Darstellung der Theologie des Alten Testaments: auch wenn die Texte des Alten Testaments im Blick auf ihre Gestalt (Form, Gattung; für Jeremias: „Denkform“) und ihre Entstehungskontexte (Religionsgeschichte, Theologiegeschichte) in ihrer Unterschiedlichkeit wahrgenommen werden müssen, ist gleichzeitig eine Systematisierung und Zusammenfassung erforderlich. Möglich ist diese systematisierende Zusammenfassung allein schon deshalb, weil in „jüngeren Texten“ des Alten Testaments solche Tendenzen selbst zu beobachten sind. Daran schließt Jeremias Ausführungen an, die den religionsgeschichtlichen Hintergrund skizzieren, auf dem die verschiedenen Gottesaussagen des Alten Testaments entstanden sind.     

Dem Interesse an systematisierenden Entwicklungen in der Einleitung korrespondiert im abschließenden „Ausblick“ der Versuch, die Tendenzen aufzuzeigen, die in ihrer Systematisierung der alttestamentlichen Gottesaussagen „einen Weg zur Rede von Gott im Neuen Testament gebahnt haben.“ (S.479) Hier thematisiert also Jeremias den Zusammenhang zwischen Altem und Neuem Testament. Dabei geht Jeremias einmal den – für ihn späten – Texten nach, die als vorangestellte hermeneutische Lesehilfen für die divergierenden Gottesaussagen „eine eindeutige theologische Intention fördern wollen“ (S.479). Dazu zählen die 10 Gebote vor dem Bundesbuch (Ex 20–23) und vor der deuteronomischen Rechtssammlung (Dtn 5; 12–26), die Urgeschichte als universaler Perspektive vor der Israelperspektive von Gottes Geschichtshandeln im Leben der Erzväter und beim Exodus und schließlich die unbedingte Zuwendung Gottes im Bund mit Noah (Gen 9) und Abraham (Gen 17) vor dem auf Mitverantwortung angelegten Sinaibund (Ex 19–24; Dtn).  

Zum anderen hebt Jeremias die Texte hervor, die von einer Selbstbegrenzung Gottes um des Menschen willen reden und geht dabei ein auf (a) Gottes Schwur, (b) den Wandel Gottes bei der Sintflut, (c) Gottes Feindschaft und (d) Kampf mit seinem Zorn und schließlich auf (e) Hiob’s Festhalten an „Gott gegen Gott“.

Dieser Rahmen umschließt die 3 Hauptteile des Werkes. In der Konzeption dieser drei Teile liegt schließlich ein zentrales Verdienst der Theologie von Jeremias: Jeremias entfaltet in dem ersten Hauptteil die fünf zentralen „Denkformen“, in denen Gottesaussagen im Alten Testament begegnen, geht im zweiten Hauptteil auf entscheidende, umfangreiche theologische Konzeptionen ein, die er „große Neuentwürfe“ nennt und entfaltet dann im dritten Hauptteil die „tragenden Themen“. Hier wird konzeptionell ernst gemacht mit der theologisch gewichtigen Beobachtung, dass die jeweiligen Themen des Alten Testamens in unterschiedlichen „Denkformen“ (der herkömmliche Begriff „Gattungen“ wäre freilich passender) begegnen, die wiederum ihrem Verwendungszweck entsprechend gestaltet sind, und dass diese Themen gleichzeitig Teil umfangreicher theologischer Konzeptionen sind, die je ihren Eigenwert haben. Das heißt: die Begrenzung nur auf eine Beschreibung der umfassenden Konzeptionen wäre ebenso unzureichend wie die Konzentration auf einzelne Themen. Dabei nimmt der mittlere Hauptteil durchaus bewusst die theologisch zentrale Stellung ein (so ausdrücklich S.10, wonach „im Zentrum der Darstellung die großen theologischen Einzelentwürfe stehen“).

Dabei ist eine Betonung der „prophetischen Perspektive“ durchaus wahrnehmbar, was angesichts des besonderen Forschungsschwerpunktes des Verfassers auch nicht verwundert. So sieht Jeremias v.a. in der vorexilischen Gestalt der Schriftprophetie den wesentlichen Grund dafür, dass der JHWH-Glaube mit dem Zusammenbruch von Nordreich und Südreich – wie sonst für den Alten Vorderen Orient typisch – nicht ebenso zusammengebrochen ist, sondern in seinem Einfluss auch für die deuteronomistische Theologie, geradezu zum Katalysator für eine Weiterentwicklung des JHWH-Glaubens gerade im Exil geworden ist. Diese „prophetische Perspektive“ setzt sich dann in der eher eschatologisch orientierten Zusammenstellung der „tragenden Themen“ fort und dürfte nicht ganz zufällig in einer (für die Propheten als Umkehrrufer) typischen Appellation enden („so soll sich […] der Christ…“; S.495).

Es gibt äußerst vieles, wofür man diese Theologie des Alten Testaments empfehlen kann: Die Einbeziehung der Umwelt Israels; die Wahrnehmung alter Bestandteile des Alten Testaments, die Fülle an theologischen Einsichten (nur um ein Highlight zu nennen: die Erklärungen zum „Herzensumsturz“ Gottes in Hos 11!) und allem voran die Gesamtkonzeption: dass die Wahrnehmung von Gattungen (bei Jeremias „Denkformen“) und theologischen Gesamtkonzeptionen konstitutiv für die Beschreibung einzelner Themen sind, ist für alle Überlegungen zu einer biblischen Theologie bedeutsam und wird hier wegweisend ausgeführt.

Dass man das eine oder andere auch vermisst oder anders sieht, dürfte nicht überraschen. Hier soll nur erwähnt werden, dass einige Textbereiche (Josua, Richter, Chronik u.a.) kaum vorkommen und v.a. die Anthropologie/Menschenbild zu gering gewichtet ist: Hier muss man sich die durchaus vorhandenen gewichtigen Beobachtungen über verschiedene Kapitel und Abschnitte hindurch zusammen stellen, wenn man sich über Fragen des alttestamentlichen Menschenbildes informieren möchte.

Auch über die Frage, ob der differenzierte Blick auf die Texte allein auf der historischen Rekonstruktion ihrer Vorstufen beruht, kann man anderer Ansicht sein.

Im Rahmen dieses historisch-kritischen Ansatzes liegt aber mit der angezeigten Theologie des AT nun ein Entwurf vor, der mit einer starken prophetischen Perspektive eine differenzierte Zusammenfassung der Gottesaussagen des ATs bietet, mit der man in Theologie und Kirche gut weiterarbeiten kann – eine Theologie des AT, die den Wald und die Bäume sieht.

 

Prof. Dr. Torsten Uhlig

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Dezember 2016

Charles Campbell / Johan Cilliers

Was die Welt zum Narren hält. Predigt als Torheit

Verlag: Evangelische Verlagsanstalt

Jahr: 2015

Seiten: 280

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-374-04149-7

28,00€

 

Es ist Sonntagmorgen, 11:45 Uhr. Gottesdienst und Predigt sind vorüber und man denkt darüber nach, warum man überhaupt noch auf der Kanzel steht und wer außer Frau Müller, aus der letzten Reihe etwas mitgenommen hat.Und dann noch ein Buch über Homiletik lesen?! Zudem noch ein Buch, das Predigt als Torheit und Predigende als Narren bezeichnet. Nein, danke! Dabei ist die Lektüre des Buches wirklich lohnenswert, weil herausfordernd.

 

Sie fordert heraus und irritiert. Denn die Kernthese der Autoren ist, dass das Evangelium eine Dummheit ist. Prediger sind Narren und Predigen ist eine Torheit (das Wortspiel des englischen Originals verbindet das gut: Preaching Fools).Die Autoren beziehen sich auf die paulinische Aussage über das Predigen in 1Kor 1, 17-25 (Wort vom Kreuz als eine Torheit) und 1Kor 4,9-10 (Narren um Christi willen), wonach Torheit der Herzschlag des Predigens ist. Genau diese Torheit macht den Prediger zum Narren und Predigen kulturkritisch. „Der törichte Weg der Liebe fordert das übliche Verständnis von Macht und Weisheit heraus, weigert sich, das Spiel der weltlichen Gegebenheiten mitzuspielen, auch wenn es zum Tod führt. Das Kreuz zu predigen heißt, in diese Torheit einzutauchen und die Rolle des Narren zu spielen.“ (S.29)

Törichtes Predigen unterbricht deshalb und widersteht dem alten Zeitalter mit seinen tödlichen Mächten und Gewalten. Es hat eine kulturkritische Funktion. Es schafft einen liminalen Raum, in dem Menschen die Grenze zum neuen Zeitalter überschreiten können. Der Narr unterstützt die Hörenden dabei die neue Zeit zu erkennen und nimmt sich selbst nicht zu ernst.

 

Das theologisch bedeutsame Konzept der Liminalität ist für Cilliers und Campbell zentral. Sie erläutern, dass die Torheit des Kreuzes einen liminalen Raum schafft, einem Knotenpunkt zwischen den Zeiten, wo Veränderung stattfinden kann und Gottes Geist weht. Liminalität kann aber auch befremden und Furcht einjagen und so zu „Wagenburgen“ und „eisernen Theologien“ (S.65-71) führen, also zu einer Kirche, die an ihrem Machtanspruch festhält und sich von denen „draußen“ abgrenzt.

Deshalb braucht es Narren, die predigen und damit Liminalität bewirken, Perspektivwechsel schaffen und zur Unterscheidung aufrufen (vgl. S.75) – so wie Jesus dies tat. „Der predigende Narr intendiert und antizipiert die letztgültige Transformation der Welt in die Fülle von Gottes neuer Schöpfung. […] Immer wenn wir uns niederlassen wollen, steht da der predigende Narr und hält einen trüben, zerbrochenen Spiegel in der Hand, der uns daran erinnert, dass wir noch auf dem Weg sind.“ (S.181) Predigende Narren bedienen sich dafür einer Theologie des Lachens, einer Hermeneutik des Spiels und einer Rhetorik der Torheit. Ja, wirklich. Die Begrifflichkeiten mögen vielleicht irritieren, jedoch sind sie genau deshalb befreiend anregend.

 

Zwei Homiletiker haben das Buch zusammen verfasst, der US-Amerikaner Charles Campbell und der Südafrikaner Johan Cilliers. Viele geist- und kenntnisreiche Geschichten und Beispiele aus der internationalen Kultur- und Zeitgeschichte machen das Buch zu einem Lesevergnügen. Da wird Picassos „Crucifixion“ ebenso besprochen wie das Leben des Heiligen Narren Symeon oder die Darstellungen verschiedener Karikaturisten. Sie veranschaulichen, die jeweiligen Thesen plastisch. Diese sind wiederum durch verschiedene theologische Konzepte, wie Henning Luthers Idee des Fragments oder das südafrikanische Gemeinschaftsmodell des ubuntu untermauert. Es wäre jeweils spannend, diese für andere Bereiche der Praktischen Theologie fruchtbar zu machen.

 

Die Lektüre des Buches lohnt sich. Sie fordert heraus, Wagenburgen und eiserne Theologien im eigenen Kontext zu identifizieren und zu hinterfragen und sich ganz neu auf den verrückten, närrischen Gott einzulassen, der skandalös und schwach eine neue Zeit eingeläutet hat. Das Buch ermutigt dazu, darauf zu vertrauen, dass das Wort vom Kreuz eine Gotteskraft ist, die Veränderung bewirken kann und kulturkritisch wirkt. Dazu braucht es närrische Predigten und Narren, die sie verkünden.

Kathinka Hertlein

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November 2016

Das Lukasevangelium. Die Bibel – Übersetzung für Kinder

 

Verlag: Gummersbach: Verlag Bibellesebund / Witten: SCM-Brockhaus / Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2016

Jahr: 2016

Seiten: 128

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-95568-169-2

9,95 €

 

Diese Buchbesprechung basiert auf der gemeinsamen Bibellese eines Vaters mit seiner Tochter (Tabea) bzw. eines Neutestamentlers mit einer Dritt-Klässlerin.

Diese Übersetzung des Lukasevangeliums ist speziell für Kinder gemacht. Der Einband ist stabil und kann mit den beiliegenden Stickern ganz nach dem eigenen Geschmack selber gestaltet werden. Wenn man das Buch aufschlägt, findet man als erstes Erläuterungen zur Benutzung und zum Aufbau des Buches.

Die Seiten mit dem Bibeltext sind toll gestaltet. Die Schrift ist genügend groß und so für Grundschulkinder optimal zum Selber-Lesen geeignet. Am Rand stehen hilfreiche Erklärungen zu einzelnen Ausdrücken (z.B. „Steuern“), zu Personen (z.B. „Sadduzäer“) und zu Orten (z.B. „Galiläa“). Die entsprechenden Worte sind im Text farbig markiert. So ist immer sofort erkennbar, für was es am Rand Erläuterungen gibt. Außerdem gibt es Steckbriefe (z.B. zu Zacharias oder Marta), Zeichnungen, Landkarten und Fotos (z.B. Lilie, Motte, Ölbaum). Tabea: „Die Erklärungen und Steckbriefe helfen beim Verstehen. Die Zeichnungen und Fotos zeigen gut, wie es damals war.“

Als Anhang ist ein Register der Worterklärungen hinzugefügt und eine Landkarte „Israel zur Zeit Jesu“. In ihr sind vor allem die Ortschaften eingezeichnet, die im Lukasevangelium wichtig sind.

Die Übersetzung ist für die Zielgruppe absolut gelungen. Die kindgemäße Sprache, die kurzen Sätze und der Verzicht auf komplizierte „Schachtelsätze“ machen den Text für Kinder in der dritten Klasse sehr gut verständlich. Zitat Tabea: „Das ist ja viel leichter zu verstehen als die …-Bibel“ [eine neuere Übersetzung, die sie beim täglichen Bibellesen verwendet]. Je nachdem, welche Worte ein Kind schon kennt oder nicht, müssen vielleicht einzelne Ausdrücke von Erwachsenen erklärt werden. Natürlich muss sich solch eine Übersetzung von der griechischen Satzstruktur lösen, aber – und das ist entscheidend – inhaltlich ist die Übersetzung insgesamt erfreulich nah am griechischen Text des Neuen Testaments. Das unterscheidet sie grundlegend von den sogenannten Kinderbibeln.

Diese Bibelübersetzung für Kinder schließt eine echte Marktlücke, die zwischen Kinderbibel und moderner Übersetzung für Erwachsene (Basisbibel, Gute-Nachricht-Bibel usw.) besteht. Es ist zu wünschen, dass mehr biblische Bücher in dieser Reihe erscheinen, besonders (so Tabea) die Apostelgeschichte, aber auch Teile der Mosebücher, die Samuelbücher usw.

 

Prof. Dr. Detlef Häußer mit Tabea (8 Jahre)

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Oktober 2016

Irmgard Weth

Neukirchener Bibel: Das Alte Testament neu erzählt und kommentiert.

 

Verlag: Neukirchener Kalenderverlag

Jahr: 2014

Seiten: 716

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-920524-81-8

29,99 €

Wer den ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Gemeinde ein hilfreiches Buch zum Verstehen des Alten Testaments an die Hand geben will, z.B. für die eigene Erschließung einer Geschichte in Vorbereitung auf Kinderstunde oder Jungschar, oder für die erzählende Predigt eine textnahe und doch dem Erzählen dienliche Übersetzung sucht, dürfte mit diesem Buch fündig werden.

Irmgard Weth, Theologin, Pädagogin und Dozentin für Biblische Theologie beim Neukirchener Erziehungsverein, sieht die Faszination der Bibel u.a. darin, dass alle „Erfahrungen der Menschen, Freude und Leid, Hoffnung und Enttäuschung, Zeiten der Gottesnähe und Zeiten der Gottesferne“ von ihr umschlossen sind und möchte mit dem vorliegenden Buch die Leserinnen und Leser auf den Weg Gottes in die Tiefen der Menschheit mitgehen, den die Bibel selbst vorgibt (Vorwort). Leitend ist für sie dabei, dass der Vater Jesu Christi kein anderer ist als der im Alten Testament bezeugte Gott.

Um dies den Leserinnen und Lesern zu erschließen, erzählt sie in diesem ersten Band die zentralen Inhalte aller biblischen Bücher des Alten Testaments einfühlsam nach, eingeteilt in Geschichtsbücher, Prophetische Bücher und Lehrbücher. Zudem stellt sie jeder Epocheneinteilung und jedem biblischen Buch eine Einleitung voran, die jeweils in historische und zentrale theologische Themen einführt und bietet nach jedem Abschnitt eine knappe Kommentierung. Dabei verhilft das unterschiedliche Layout der klaren Unterscheidung zwischen Einführung (weiße Schrift auf blauem Untergrund), Nacherzählung (schwarze Schrift auf weißem Untergrund) und Kommentierung (blaue Schrift auf weißem Untergrund) und trägt mit zu dem ansprechenden ästhetischen Gesamteindruck bei (fester Leineneinband, zwei Lesebändchen entsprechend in blau und weiß).

Naturgemäß kommt der Ansatz einer Erzählung bzw. Nacherzählung des Alten Testaments besonders bei den Erzähltexten zum Tragen. Die „neu erzählten“ Geschichten begegnen in einem fortlaufenden Text ohne Unterbrechung durch Versangaben (ein kleiner rechter Rand informiert darüber, wo man sich nach biblischer Zählung gerade befindet). Die Nicht-Erzähltexte, wie Listen, Stammbäume etc., werden z.T. weggelassen (so z.B. Gen 5) oder als Kurzzusammenfassung in die Erzählung integriert (so z.B. Gen 10 im Rahmen der Geschichte vom Turmbau zu Babel). Dadurch wird der Fokus sehr stark auf die „story“ der alttestamentlichen Erzählbücher gelenkt, also die Handlungen und die Darstellungen der Personen, wodurch die Spannung und Dynamik in diesen Geschichten besonders hervorsticht. Dabei besteht eine besondere Stärke der Erzählung von Irmgard Weth darin, dass gerade auch die feinen Nuancen in der Zeichnung von Personen und ihren Handlungen in den einzelnen Episoden zum Vorschein kommen. Diese Stärke in der sensiblen Wahrnehmung der Einzelepisoden setzt sich in der Kommentierung fort. In altvertrauten Erzählungen (Abraham, David u.a.) ebenso wie in schwierigen Geschichten (Josua, Richter u.a.) kommt Weth oft der nuancierten Darstellung auf die Spur und findet bei aller Knappheit hilfreiche und erhellende Interpretationen (so zur Jerichoepisode oder zu der verstörenden Geschichte von Jeftah und seiner Tochter).

Der Ansatz der Nacherzählung wird auch bei der Wiedergabe des Inhalts der Propheten- und Lehrbücher beibehalten, weicht hier in der Darstellung aber – dem Charakter des divergierenden Materials entsprechend – noch weiter von der kanonischen Gestalt der Bücher ab. Die Prophetenbücher werden nicht in ihrer kanonischen Anordnung aufgeführt, sondern entsprechend ihrer wahrscheinlichen Entstehungszeit. Unter behutsamer Aufnahme gängiger Thesen in der alttestamentlichen Forschung sind diese Zuordnungen weitgehend plausibel. Lediglich die Aufteilung des Jesajabuches auf drei unabhängige Propheten in unterschiedlichen Epochen ist unglücklich; sie entspricht zwar einer lange vertretenen Hypothese, verhindert aber, dass die inzwischen vielfach bemerkten Verbindungslinien innerhalb des Jesajabuches hervortreten können.

Zu jedem Prophetenbuch werden die als besonders zentral angesehenen einzelnen Sprüche textnah wiedergegeben und in eine Nacherzählung eingebettet, die die Hauptinhalte der Botschaft der jeweiligen Propheten nahe bringt. Andere für Prophetenbücher typische Abschnitte, wie z.B. die sogenannten Fremdvölkersprüche, treten eher in den Hintergrund. Die Stärke dieses Ansatzes besteht darin, dass damit die jeweiligen Schwerpunkte und Unterschiede der einzelnen Prophetenbücher zum Vorschein kommen. Das ist für ehrenamtliche Mitarbeitende und allen an den Bibeltexten Interessierte hilfreich und kann für Bibelarbeit und auch Predigten als Vorbild für die Zusammenfassung einer Prophetenschrift dienen oder sogar genau so vorgelesen werden. Man sollte lediglich beachten, dass eine Theologie des jeweiligen Buches, das nuancenreiche Differenzierungen nicht zuletzt über die jeweilige Struktur vermittelt, so nicht bis in jedes Detail hinein erarbeitet werden kann.

Diese Schwerpunktsetzung ist dann auch bei der Darstellung der Lehrbücher zu vermerken, besonders im Buch der Psalmen: Eine Reihe von ihnen wird in dem dritten Teil des Buches wiedergegeben, während manche an einzelnen Stellen der Geschichtsbücher eingeordnet sind (so z.B. Ps 8 zu Genesis 2-3; Ps 139 zu Genesis 4; Psalm 95 zu Exodus 17; Psalm 72 zur Darstellung der Regierungszeit Salomos in 1. Könige 3–10, etc.). Damit wird einerseits konsequent ausgeführt, was über das Verweissystem in den Überschriften der Psalmen angedeutet ist, nämlich ihre Einbettung in den erzählenden Rahmen des Alten Testaments. Es ergeben sich somit interessante Bezüge und Hinweise auch darauf, wie die Psalmen angewandt werden können. Damit bleiben aber auch die Verweise innerhalb von benachbarten Psalmen unbemerkt.

Insgesamt legt Irmgard Weth mit diesem Buch eine einfühlsame Wiedergabe des Alten Testaments in erzählender Form vor, zeigt in den Einführungen und Kommentierungen den Zusammenhang zu dem Weg Gottes zu den Menschen auf, wie er sich dann in Jesus Christus verdichtet, und vermag dabei besonders in den erzählenden Büchern des Alten Testaments viele auch kleine und feine Nuancen aufzuspüren und wiederzugeben. Mit diesem Buch sollte es in der Tat gelingen, den oft verborgenen Schatz, die „Faszination der Bibel“, auch des Alten Testaments, zu heben (Vorwort).

 

Prof. Dr. Torsten Uhlig

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September 2016

Harald Sommerfeld

Mit Gott in der Stadt

Die Schönheit der urbanen Transformation
Transformationstudien 8

 

Verlag: Francke

Jahr: 2016

Seiten: 682

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-86827-579-7

29,95 €

An einem beliebigen Abend an einem beliebigen Tag schlendere ich durch die Düsseldorfer Altstadt Richtung Rhein und beobachte Menschen. Etwas, was ich sehr gern tue. Einfach weil es so viele verschiedene unglaublich spannende Menschen gibt. An mir vorbei zieht eine dunkelhäutige Frau in einem bunten Gewand und hat sieben dunkelhäutige Kinder im Schlepptau, die um sie herumwuseln und dabei singen. Männer im Anzug und mit Aktenkoffer trinken stehend ein bis fünf Altbier, neben ihnen eine Gruppe asiatischer Touristen in kurzer Hose und so etwas wie Hawaihemden. Auf den Treppenstufen zur Kirche sitzen zwei Männer, die sich küssen, eine Kleinfamilie (Mama, Papa, Kind) kommt gerade vom Einkaufen, ein Straßenmusiker, der immer an derselben Stelle zu stehen scheint, grüßt die Vorbeigehenden. Mehrere Infostände mit Aktiven suchen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Sterben des Regenwalds, die Seenotrettung und auf den Koran zu lenken. Eine Gruppe Studenten feiert lautstark irgendwas, mehrere Gruppen von Junggesellen­ und Junggesellinnenabschieden sind unterwegs, teils stark verkleidet, teils stark betrunken, teils mit lustigen Spielen, teils einfach nur peinlich. Plakate am Wegrand laden ein zum Orgelkonzert, der sozialistischen Jugend, einer Yoga­Klangmeditation, dem nächsten Kleiderflohmarkt, einem Rockkonzert – einige werben für ökologisches Einkaufen, gegen Drogenmissbrauch, für Altbier als Düsseldorfer Kulturgut, das indische Restaurant, den irischen Pub …. Wegweiser zeigen die allesamt kurzen Weg zum Kino, Theater, dem Kiosk mit dem billigen Bier, dem VierSterneHotel, dem 1EuroLaden, dem BioLaden, dem Designerlabelladen. Menschen mit und ohne Kopftuch, in Anzügen und Jogginganzügen, verschiedenste Hautfarben, Sprachen und und und …
Ein beliebiger Abend an einem beliebigen Tag in Düsseldorf – und in jeder anderen deutschen Stadt.

Harald Sommerfeld stolpert darüber, „wie irrelevant die meisten Gemeinden, die ich kannte, für ihre Städte waren. Sie waren wertvolle Orte der Zugehörigkeit und des gemeinsamen Glaubens für die, die ihnen angehörten. Ihr Umfeld hätte allerdings kaum etwas vermisst, wenn sie nicht da gewesen wären (…) Wenn Jesus der ist, als der er uns in der Bibel begegnet, dann muss er überall und zu allen Zeiten für Menschen und Städte von Bedeutung sein. Wir müssen nur für unsere Zeit und unsere Wohnorte neu herausfinden, wie seine Relevanz sichtbar wird.“ S. 15

Städte werden immer bedeutender als Lebens- und Wirtschaftsraum, allerorts wächst ihre Bevölkerung und geografische Ausdehnung. Gleichzeitig scheint es Gemeinden schwer zu fallen, in städtischer Umgebung Strahlkraft zu entwickeln. Nun könnte man viele plausible Gründe dafür anführen, wie die Anonymität und Pluralität der Stadt. Fragmentierung und Multireligiosität, allzeit geschäftige und gestresste Menschen und und und.
Harald Sommerfeld zeichnet mit seinem Buch ein Bild von Städten als einem spannenden Wirkungsort Gottes. Einem Ort, an dem man sich Gott anschließen und dann Transformation, Mission, Glaube und Gemeinschaft erleben und mit ins Leben bringen kann. Dies beschreibt er in seinem fast 700 Seiten starken Buch. D.h. eigentlich erzählt er eher. Von Kulturen, Orten, Lebenswelten und Räumen. Von Gesellschaft, Identität und Geschichte. Von Einzelfällen, Selbst-Erlebtem und einer offenen, hinschauenden, hinhörenden, lernenden Grundhaltung.
Dabei entsteht ein missiologischer Ansatz für den urbanen Kontext, der sich aus wissenschaftlicher Expertise (Soziologie und Theologie), wie persönlicher Erfahrung eigener langjähriger Aktivitäten in Berlin und deutschlandweit als Gemeindeberater, speist und dabei die Liebe zur Stadt und ihren Menschen deutlich werden lässt, sowie die gewisse Hoffnung darauf und (vor)Freude darüber, dass Gott in der Stadt wirkt und Christen und Gemeinden sich daran beteiligen dürfen.

Gegliedert ist das Buch grob in zwei Teile:
Sehhilfe - Das eigene Umfeld wirklich wahrnehmen und städtische Systeme verstehen (Stadtsoziologie)
Gehhilfe - praktisch theologische Fragen und Antworten urbaner Mission mit konkreten Perspektiven von christlich motivierter Stadt(teil)arbeit, die eine positive Veränderung zum Ziel hat
Die Kapitel sind allesamt mit einer Zusammenfassung versehen, es gibt weiterführende Fragen und Lesehinweise.
Grafiken und Bilder lockern den Text auf und tragen dazu bei, das Buch als solches als “schön” wahrgenommen wird.

Dieses Buch hat das Zeug zu einem Handbuch, das zum Standardwerk avancieren könnte. Gleichzeitig ist es nicht trocken, abgehoben o.ä., sondern steckt selbst voller Leben, Liebe und Motivation. Nicht zuletzt die sympathisch-offene erzählende Art Harald Sommerfelds, macht das Lesen trotz inhaltlicher Schwere zu einem Genuss.

 

Heiko Metz

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August 2016

Peter Zimmerling

Evangelische Mystik.

 

Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht

Jahr: 2015

Seiten: 283

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-525-57041-8

30,00€

Die Mystik hat in der evangelischen Theologie der letzten Jahre eine grundlegende Neubewertung erfahren. Galt sie in vielen älteren Strömungen protestantischen Denkens als typisch katholisch und unvereinbar mit dem evangelischen Glauben, so hat die historische Forschung die Unhaltbarkeit einer solchen Sicht erwiesen. Mit seiner Studie zur Evangelischen Mystik gibt der Leipziger Theologe Peter Zimmerling nun einen ersten Gesamtüberblick über die Bedeutung mystischer Frömmigkeit im Protestantismus.
Zuerst befreit Zimmerling das Verständnis der Mystik von einigen Engführungen. Mystik besteht nicht in erster Linie aus visionären oder ekstatischen Gipfelerfahrungen. Im Kern handelt es sich um eine Erfahrungserkenntnis Gottes, eine Intensivform christlicher Frömmigkeit mit dem Ziel der Gottesbegegnung.
In einem theologiegeschichtlichen Überblick zeigt Zimmerling, welche Rolle mystische Traditionen für zentrale Vertreter des evangelischen Christentums spielte. Im Blick auf Luther fasst Zimmerling zentrale Einsichten der neueren Forschung zusammen. Wesentliche Anstöße durch Johannes Tauler und andere mystische Autoren leisteten einen erheblichen Beitrag zur Entwicklung der reformatorischen Theologie. Auch in der reifen Gestalt von Luthers Denken sind Impulse etwa der Brautmystik nicht verloren. Luthers Impulse zu einer erneuerten Frömmigkeit lassen sich als Demokratisierung der klassisch-monastischen Mystik verstehen.
Bei den Dichtern Philipp Nicolai und Paul Gerhardt und dem Komponisten Johann Sebastian Bach weist Zimmerling nach, wie die bis heute wirkmächtigsten Impulsgeber evangelischer Musik-Frömmigkeit ohne die mystische Dimension ihres Glaubens unverständlich bleiben. Gerhard Tersteegen und Ludwig Zinzendorf stehen für die besondere Bedeutung der Mystik im Raum des Pietismus. Gerade der Pietismus griff gegenüber der rationalen lutherischen Orthodoxie in besonderer Weise auf das mystische Erbe des Christentums zurück.

Schließlich zeigt Zimmerling, dass sich auch im modernen Protestantismus vielfältige Spuren dieser Frömmigkeit finden lassen: So unterschiedliche Christen wie der UN-Generalsekretär Dag Hammarskjöld, und die Theologen Dietrich Bonhoeffer und Dorothee Sölle haben sich mit mystischen Themen und Texten intensiv auseinandergesetzt und in einer Zeit der Säkularisierung das mystische Erbe mit eigenen Akzentsetzungen verbunden. Alle drei eint das Bemühen, Mystik noch deutlicher als in früheren Zeiten mit dem Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit zu verknüpfen.
Nach diesen exemplarischen Erörterungen geschichtlicher Stationen der evangelischen Mystik wird Zimmerling noch einmal grundsätzlich. Lässt sich die faktisch große Bedeutung mystischer Spiritualität für den Protestantismus auch theologisch rechtfertigen? Zimmerling zeigt, dass es vor allem die biblischen Texte selbst sind, die mit ihrer Betonung der grundsätzlichen Andersartigkeit Gottes oder ihren andeutenden Beschreibungen von Gottesbegegnungen und -erlebnissen immer wieder Anregungen zu persönlicher Gottesfreundschaft im mystischen Sinne gegeben haben. 
Das Buch schließt mit einer kleinen Horizontabschreitung verschiedener Dimensionen mystischer Frömmigkeit. Mystik kann da eine Bereicherung des evangelischen Christentums sein, wo sie nicht einseitigen Sonderwegen verfällt, sondern den gleichen Kriterien wie evangelische Frömmigkeit insgesamt genügt: sich den biblischen Texten verpflichtet weiß, auf Christus bezogen ist und den Vorrang der Gnade Gottes zur Geltung bringt. So orientiert, verbindet mystische Frömmigkeit die Erfahrungsbezogenheit lebendigen Glaubens mit dem Wissen um die Unverfügbarkeit Gottes.

Peter Zimmerlings Buch ist ein vorzügliches Zwischenfazit, das den grundlegenden Umschwung der theologischen Forschung bezüglich der Mystik im größeren Zusammenhang nachzeichnet. Es vollendet damit eine gewisse Heimholung der mystischen Frömmigkeit als eines selbstverständlichen Bestandteils evangelischen Christentums und bietet sich zugleich als Ausgangspunkt weiterer Spurensuche und Entfaltung an.

 

Prof. Dr. Thorsten Dietz

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Juli 2016

Timothy Keller

Preaching. Communicating Faith in an Age of Skepticism.

 

Jahr: 2015

Seiten: 320

Sprache: Englisch

ISBN: 978-1-444-78330-8

ca. 14 €

C.S. Lewis des 21. Jahrhunderts“ wurde Keller schon genannt, er hat das bescheiden zurückgewiesen (was bleibt ihm übrig). Es stimmt auch wirklich nur zum Teil: Zwar ist der New Yorker Pastor in der weltweiten evangelikalen Christenheit längst ähnlich einflussreich wie Lewis es  war und noch ist. Auch ist Apologetik ein besonderes Anliegen von beiden. Bekannt geworden ist  Keller 2008 durch The Reason for God, eine Bestandsaufnahme seiner Argumente für den Glauben im Gespräch mit Skeptikern.
Aber Keller ist, anders als Lewis, eben in erster Linie Pastor, Gemeindebauer und Lehrer; nicht Literat. Er spricht weniger die Imagination, mehr den Verstand an. Seinem stetigen Output an Büchern in den letzten Jahren merkt man seinen Hauptberuf freilich nicht an. (Siehe auch die frühere Rezension zu Kellers Center Church auf dieser Seite. Dieses Buch ist inzwischen übrigens auch in deutscher Übersetzung erschienen.)
Für alle, die hinter die Kulissen von Kellers Predigttätigkeit schauen möchten, ist das jüngst erschienene Preaching besonders interessant. Der Untertitel ist dem von The Reason for God nachgebildet. Das hat sicher Marketing-Gründe, passt aber gut zum Inhalt. Keller versteht auch die Sonntagspredigt als regelmäßige Chance zur öffentlichen Rechenschaft über den Glauben.
Gäste im Gottesdienst dürfen also ruhig mitbekommen, was ‚intern‘ verhandelt wird — umgekehrt muss auch die Binnenkommunikation der Gemeinde immer nach außen hin zugänglich sein. Das hängt auch mit Kellers Grundvertrauen in die Schrift zusammen: Wer unaufgeregt Bibeltexte auslegt und sie kenntnisreich mit der umgebenden Kultur ins Gespräch bringt, so seine Überzeugung, wird wie von selbst Menschen für den Glauben interessieren. Damit ist auch sein homiletisches Anliegen benannt: die Auslegungspredigt, das expository preaching, als Motor des Gemeindeaufbaus.
Das steht bewusst ‚quer‘ zu manchen homiletischen Trends der letzten Jahrzehnte, in Amerika wie in Deutschland. Keller versteht sein Buch denn auch weniger als Lehrbuch, sondern mehr als „Manifest“, mit dem er zu engagierter und christuszentrierter Textpredigt ermutigen will. Dennoch finden sich im Buch natürlich auch viele praktische Anregungen und Diskussionen rund um neuere homiletische Entwürfe.

Das Buch gliedert sich in drei Teile:
I Serving the Word
II Reaching the People
III In Demonstration of the Spirit and of Power

Theologisch das meiste Gewicht hat erklärtermaßen der erste Teil. Wie so oft bei Keller lassen schon die Abschnittsüberschriften den Gang seiner Argumentation erkennen:

Preaching the Word
Grundlage und Orientierung der Predigt ist die Bibel, und das heißt bei Keller meist: ein einzelner biblischer Text. Als Verfechter des expository preaching empfiehlt er den Gang durch größere biblische Zusammenhänge, Abschnitt für Abschnitt. Schon deswegen, weil das den Prediger vor den eigenen Steckenpferden bewahrt:
„It has been said that even the best preachers have only a dozen or so sermons that they repreach, simply using the biblical passages as starting points. It is then added that the worst preachers have only one, repeated until it drives everyone crazy.“ (41)
Zwar wendet sich Keller auch gegen sklavische Befolgung der lectio continua — es ist ihm schon wichtig, auf aktuelle Anlässe flexibel eingehen zu können. Aber der Gang durch ganze biblische Bücher, auch über mehrere Wochen hin, sollte der Normalfall bleiben. Das ist typisch reformiert, getragen vom Respekt vor der Gesamtheit der Schrift und der Erwartung, dass Gott gerade so zur Gemeinde spricht:
„Because the gospel is the resolution of every plot line and narrative and the fulfilment of every concept and image in the Bible, then week after week the listeners — and the preacher — will become clearer about the character of Christ’s gracious salvation“ (42)

Preaching the gospel every time
Leser von Center Church haben spätestens hier ein Dejà vu — spricht Keller hier doch von den beiden großen Zerrbildern des Glaubens: legalism und antinomianism, Gesetzlichkeit und Gesetzlosigkeit bzw. Libertinismus. Gegen beide hilft nur die Botschaft von Gottes Gnade in Christus, die reines Geschenk ist und uns gerade so frei macht, neu nach Gottes Willen zu leben. Diese Botschaft brauchen Christen wie Nichtchristen gleichermaßen, schon deswegen können von beherzter evangelischer Predigt immer auch beide profitieren. (Zu fragen ist allenfalls, ob das ausschließt, zusätzlich auch besondere Räume für die klar evangelistisch zugespitzte Predigt zu reservieren.)

Preaching Christ from all of Scripture
Weil das Evangelium kein ‚Prinzip Gnade‘ ist, das sich von seiner biblischen Erdung auch ablösen ließe, ist evangelische Predigt immer Christus-Predigt. Damit meint Keller nicht die allzu erwartbare „Jesus-Kurve“ (M. Herbst) am Ende. Sondern er meint das behutsame Aufspüren von Spuren, Spiegelungen und Vorahnungen Christi in jedem Text. Keller führt dazu eine Fülle von Beispielen an, die sichtlich aus der Praxis stammen und seine Begeisterung erkennen lassen — das macht umso mehr Lust, auch selten gepredigte Texte neu auf Christus hin anzuschauen.

Der zweite und dritte Teil führen noch stärker in die Praxis und zeigen u.a., wie bei Keller das double listening (J. Stott) aussieht, das gleichzeitige Hören auf Bibeltext und aktuelle Kultur. Auch hierzu ist das Buch eine Fundgrube. Zu empfehlen ist es allerdings besonders als beherzter Rückruf zur Textpredigt, der die Debatte mit anderen Homiletiken nicht scheut.

 

Prof. Dr. Matthias Clausen

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Juni 2016

Hans-Joachim Eckstein

Wie will die Bibel verstanden werden?

Verlag: SCM Hänssler

Jahr: 2016

Seiten: 192

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-7751-5696-7

16,95 €

Dieses Buch des Tübinger Neutestamentlers Hans-Joachim Eckstein, der auch durch seine Vorträge und vielen Bücher bekannt ist, ist die zweite völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage von „Gesund im Glauben“. Es bietet eine sehr verständlich geschriebene Einführung in die Botschaft des Neuen Testaments. Es geht um zentrale Grundeinsichten zur Bedeutung des Todes Jesu und der Vergebung, zum Verständnis von Glauben und von Freiheit, zum Wesen von Gemeinde und zum evangelischen Schriftverständnis. Eckstein hat dabei auch die Fragen der Menschen unserer Zeit im Blick, einfache Antworten gibt er nicht. Jedoch werden komplexe Sachverhalte und tiefgründige Aussagen der Bibel gut strukturiert und prägnant auf den Punkt gebracht und außerdem durch zahlreiche biblische Belegstellen vertieft. Wer mehr und Genaueres über die genannten zentralen neutestamentlichen Inhalte wissen möchte, wird in diesem Buch fündig. Gerade die Zusammenschau der verschiedenen einschlägigen biblischen Texte und Aussagen ist inspirierend und fordert zum gründlichen Nachdenken heraus und hilft zu verstehen. In einem Schlusskapitel, das man auch am Anfang lesen könnte, wird ausgehend von der Bibel, insbesondere von Paulus als dem Repräsentanten für die Darstellung der neutestamentlichen Hermeneutik, grundsätzlich dargelegt, wie die Bibel verstanden werden will. Umstrittene Fragen wie die nach der Mitte der Schrift, nach der Schrift als Wort Gottes werden differenziert beantwortet. Dabei ist für Eckstein der Bezug auf „das Zeugnis der Apostel vom Evangelium von Jesus Christus als dem einzigartigen und Mensch gewordenen Wort Gottes“ (S. 160) maßgeblich.

Neben mehreren Seiten mit Anmerkungen und Hinweisen zu weiterer Literatur und Bibelstellen enthält das Buch eine hilfreiche Zusammenstellung der verwendeten Fach- und Fremdwörter.

Die Lektüre dieses Buches ist allen zu empfehlen, die sich intensiver mit dem Neuen Testament beschäftigen wollen. Sich auf die tiefgehenden Gedanken einzulassen und sich von ihnen herausfordern zu lassen, lohnt sich, um die Botschaft des Neuen Testaments besser zu verstehen und neue Anregungen für den eigenen Glauben und das Christsein zu erhalten.

 

Detlef Häußer

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Mai 2016

Dave Ferguson & Jon Ferguson

Exponential.

Ermutigung für eine Kirche, die wird, was sie ist.

Verlag: Forum Theologie & Gemeinde (FThG)

Jahr: 2016

Seiten: 240

Sprache: Deutsch

ISBN:  978-3-942001-73-1

16,00 €

 

Manchmal kann man sich über die eigene Gemeinde ja schon auch aufregen — oder über den eigenen Verband, die Denomination etc. Das ist so normal, wie schade.
Wer einmal wieder so richtig begeistert von christlicher Gemeinde, Christen, Gemeindebewegungen und dem Gott, der Grundlage und Antrieb von all dem ist, sein möchte, dem sei das hier besprochene Buch wärmstens empfohlen! Denn es ist ein sehr mitreißender, packender und belebender Bericht über eine Gemeinde und ihren Weg mit Gott.
Was das Buch aber eindeutig nicht ist, ist ein theologisches Buch in unserem deutschen Sinne. Wer dies erwartet, wird enttäuscht werden und findet auch einiges, um sich herrlich aufzuregen. So werden in bester amerikanischer Pastorenmanier, einzelne Bibelverse als Begründung und Anleitung für ganze geistliche Programme herangezogen oder kurzerhand die bisherige Kirchengeschichte mit ihren Ideen zum Gemeindeaufbau als kaum bis gar nicht hilfreich abgekanzelt.
Wer darüber als kulturellen Unterschied hinwegzusehen vermag, der darf mit den Autoren auf die Reise durch die Community Christian Church gehen, deren Mitbegründer sie sind.
Die deutsche Ausgabe wird vom Forum Theologie und Gemeinde im Bund Freikirchlicher Pfingstgemeinden herausgegeben.

Die Community Christian Church (CCC), als Gemeindegründungsprojekt gestartet, entwickelt sich zu einer sogenannten Multi-Site-Gemeinde, einer Gemeinde mit mittlerweile 11 Standorten und zum Anstoßgeber eines Netzwerks solcher Mehr-Standort-Gemeinden, die — zumindest in den USA — schon als missionale Bewegung bezeichnet werden können.
Dabei erreicht die CCC mit ihren verschiedenen Standorten tausende Menschen in allen Generationen, verschiedensten sozialen Schichten, unterschiedlichen Nationalitäten etc.
Ziel der Autoren ist es, dem Leser den Weg aufzuzeigen, wie sie aus einem Gründungsprojekt ein sich reproduzierendes Netzwerk entwickeln konnten.
Der Schlüssel zu exponentiellem Wachstum liegt — da sind sich die Autoren einig — im Fokus auf Reproduktion; auf dem unbedingtem Willem und dem festen Glauben daran, dass Gemeinde kein Selbstzweck sein darf, nicht nur ein wenig wachsen sollte, sondern sich reproduzieren und so erweitern soll, bis die ganze Welt (wieder) in Verbindung mit Gott ist.
Diesem Zweck, ordnet die Gemeinde alles unter.

Kleingruppen, die die Basis der CCC bilden, sind auf Reproduktion angelegt. Damit einher geht die Reproduktion von Leitern und Kreativen. Gottesdienste werden reproduziert, um mehr Menschen die Gelegenheit zu geben, Gott zu erleben. Dann reproduziert sich die Gemeinde als ganzes und ein weiterer Standort entsteht …
Kleingruppen können dabei innergemeindliche Gruppen sein, aber auch Projekte für Bedürftige oder Treffen einer Gruppe mit einem bestimmten Interesse — so soll so vielen Menschen wie nur möglich die Chance gegeben werden, ihren Weg zurück zu Gott zu finden.
Neben der detaillierten und gut nachvollziehbaren Methodenbeschreibung, wie Reproduktion auf den verschiedenen Ebenen von statten gehen kann, finden sich viele Berichte von Leitern, die erzählen, was sie erlebt haben und wie Gott Reproduktion geschenkt hat — ihre Begeisterung ist beim Lesen greifbar und steckt an.
Als wesentliches Merkmal der CCC und ihrer Ausbreitung, zeigt sich ein gut durchdachtes und schön dargestelltes Coachingsystem. So werden unglaublich viele Menschen in der Gemeinde konkret begleitet, ausgebildet und in neue Aufgaben gesandt — gleichzeitig ist jeder, der Coaching genießt, angehalten, selbst jemanden zu coachen, also in ihn zu investieren und ihn auszubilden.
Es ist faszinierend in den Erlebnisberichten zu lesen, wie Atheisten in wenigen Jahren Gott kennen und lieben lernen, eine Kleingruppe besuchen, lernen eine solche zu leiten und nun als Campuspator einen Gemeindestandort leiten.

„Wie wäre es“, fragt im Vorwort Lothar Kraus, „wenn durch unsere Kirchen mehr Menschen den Weg zu Gott fänden? Wenn junge Christen nicht nur Besucher von Veranstaltungen wären, sondern aktive Nachfolger von Jesus? Wenn Mentoren ihnen helfen würden, ihr Potential und Gottes Berufung zu entdecken und zu entfalten? Und das auch an ihren Arbeitsplätzen, bei ihren Freunden, in ihren Vereinen und Familien?
Wir wollen immer wieder neu von so einer Kirche träumen! Einer Kirche, die zusammen lebt, feiert, authentisch ist und diese Welt aktiv prägt. Und die sich sogar ständig reproduziert und neue Jünger, Leiter, Künstler, Gruppen und Gemeinden hervorbringt.“

Die Lektüre von Exponentiell lässt den Leser nicht nur träumend zurück, sondern auch mit der konkreten Herausforderung: Du und deine Freunde könnt das auch. Ihr könnt eine missionale, sich reproduzierende Bewegung starten, die Menschen hilft, ihren Weg zurück zu Gott zu finden.

 

Heiko Metz

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April 2016

David Benner

Kraftvolle Seelsorge.

Die wichtigsten Wege, um Gott zu erfahren und Menschen zu begleiten

Verlag: Brunnen

Jahr: 2014

Seiten: 304

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-7655-1605-4

16,99 € scm-shop

David Benner stellt in seinem 2014 auf Deutsch veröffentlichen Buch Kraftvolle Seelsorge sein Verständnis von Seelsorge dar. Das Buch wird in zwei großen Teilen mit jeweils sechs Kapiteln gegliedert, wobei der erste Teil den Begriff der Seelsorge in seinem historischen Werdegang behandelt und mit den Einsichten aus der Psychologie in Zusammenhang bringt während in dem zweiten Teil des Buches der inhaltliche Schwerpunkt auf die Praxis der Seelsorge gelegt wurde.

Dem Kanadier D. Benner, lange Jahre als Professor für Psychologie an verschiedenen internationalen Universitäten tätig, ist es wichtig in diesem Buch bei allen Unterschieden den integrativen Moment von Psychotherapie und Seelsorge hervorzuheben, da es um den Menschen als ganzheitliches Wesen von Leib, Seele und Geist geht. Er plädiert für eine christliche Seelsorge, „der es gelingt, die psychischen und spirituellen Aspekte der Menschen wieder miteinander zu vereinen“ weil sie s.E. große Relevanz bieten kann für die heutige Zeit.

In dem ersten Teil seines Buches skizziert er den Begriff der Seele und Seelsorge in  ihrer geschichtlichen Entwicklung bevor er den Gewinn und Verlust beschreibt, der mit dem Aufkommen der Psychologie als Humanwissenschaft Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden ist für die christliche Seelsorge. Dabei ist es für Benner wichtig zu betonen, dass christliche Seelsorge wie Psychologie aber ihre Kräfte vereinen können wenn sie anerkennen, dass der Mensch in seiner inneren Persönlichkeit eine „psychospirituelle“ Einheit darstellt. In dem zweiten Teil seines Buches thematisiert Benner zwei praktische Felder der Seelsorge und Psychologie, nämlich die Bedeutung des Dialogs und der Träume bzw. des Unbewussten und wie die Erkenntnisse aus beiden Bereichen für die christliche Seelsorge fruchtbar gemacht werden kann. Danach stellt er einen kurzen Überblick über die verschiedenen Formen christlicher Seelsorge dar bevor er zum Abschluss auf die praktischen Herausforderungen  eingeht die beim Suchen und Anbieten von Seelsorge zu bedenken wären.

Dieses Buch von D. Benner ist aus der Aussenperspektive eines Psychologen eine Hommage an das alte christlich-theologische Verständnis von Seelsorge und ein Bemühen die Bedeutung der christlichen Seelsorge für die heutige Gegenwart wiederzugewinnen. Die Stärke dieses Buches liegt m.E. darin, dass es Benner sehr überzeugend und gut gelingt das psychologische Wissen mit dem seelsorglichen Ansatz zu verknüpfen, gerade in dem zweiten Teil seines Buches. Trotz der künstlichen Unterteilung der unterschiedlichen Formen christlicher Seelsorge, deren Bereiche teilweise inhaltlich ineinander übergreifen, ist sein Anliegen die christliche Seelsorge mit ihren jeweiligen Charakteristika zu würdigen, sehr spürbar. Für alle, die eine gute allgemein verständliche erste Einführung suchen zum Thema was christliche Seelsorge sei, wäre das Buch gut zu empfehlen.

 

Nahamm Kim

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März 2016

Stephen Kuhrt

Tom Wright for everyone.
Putting the theology of N.T. Wright into practice in the local church

Verlag: SPCK

Jahr: 2011

Seiten: 108

Sprache: Englisch

ISBN: 978-0-281-06393-2

Preis: £9.99

Nicholas Tom Wright ist einer der produktivsten und am meisten rezipierten wissenschaftlichen Theologen unserer Tage. Insbesondere in der neutestamentlichen Forschung setzt er mit seiner monumentalen Reihe Christian Origins and the Question of God neue Maßstäbe. Bisher sind vier Bände erschienen. Im ersten Band geht es um den jüdischen Hintergrund des Neuen Testaments, im zweiten um die Person Jesu, im dritten Band um das antike, jüdische und frühchristliche Verständnis von der Auferstehung und vom Leben nach dem Tod, im vierten schließlich widmet sich Wright der paulinischen Theologie. Diese Reihe wurde wie alle eine akademischen Bücher unter dem Namen N.T. Wright veröffentlicht.
Gleichzeitig ist Wright aber auch ein Mann der Kirche, der es (nicht nur in seiner früheren Eigenschaft als anglikanischer Bischof von Durham) auch aufs Beste versteht, allgemeinverständlich zu sprechen oder zu schreiben. Im deutschen Sprachraum hat der Tübinger Neutestamentler Hans-Joachim Eckstein eine ähnliche Breitenwirkung. Wrights allgemeinverständliche Bücher sind allerdings um einiges zahlreicher und inhaltlich breiter aufgestellt. So hat er unter anderem eine sehr gut lesbare und leicht zugängliche Kommentar-Reihe zum gesamten Neuen Testament verfasst, veröffentlicht als Matthew, Paul oder John … for everyone.
Einige Bücher Wrights wurden in deutscher Übersetzung veröffentlicht, etwa die Kommentar-Reihe als Matthäus oder Paulus … für heute. Allerdings verlieren die Bücher in der Übersetzung einiges an Lesbarkeit, sodass normalerweise das englische Original deutlich vorzuziehen ist.

Das vorliegende Buch, – über, nicht von Wright – ist bisher nur im englischen Original erhältlich. Es ist der Versuch, das gewaltige (bisherige) Gesamtwerk Wrights in verdauliche Happen zu destillieren und am Beispiel der Wright’schen Eschatologie zu zeigen, wie sich Wrights theologische Ergebnisse im Gemeindealltag umsetzen lassen. Kuhrt, selbst Geistlicher einer anglikanischen Gemeinde im Südwesten Londons, berichtet aus seiner Erfahrung mit Wrights Theologie in der Gemeindepraxis.
Zunächst aber, nach einem Vorwort von Wright selbst, skizziert Kuhrt den bisherigen Werdegang Wrights vom anglikanischen Pfarramtsanwärter zu einem der bedeutendsten Neutestamentler unserer Zeit. Nicht zu kurz kommt auch Wrights Rolle in kirchlichen und gesellschaftlichen Debatten in England.
Im zweiten Kapitel wird es inhaltlich spannend, wenn Kuhrt als einer, der sich selbst als evangelikal versteht, theologische Lücken und Fehlentwicklungen im evangelikalen Denken thematisiert. Dabei geht es zunächst nicht um Wrights Korrektur-Angebote, sondern um die schlichte Erfahrung, dass die übliche evangelikale Theologie entscheidende Schwächen hat, die auch in der Gemeinde- und Glaubenspraxis zu konkreten Problemen führen. Kuhrt widmet sich den folgenden Themen: Dem Wesen der christlichen Hoffnung, der Bedeutung der Auferstehung Jesu, dem Fehlen einer überzeugenden theologischen Grundlage für ganzheitliche Mission, dem evangelikalen Umgang mit Sünde und dem Bösen, dem evangelikalen Verständnis von Sühne, evangelikalen Positionen zur biblischen Wissenschaft und dem Umgang mit der Bibel selbst, der evangelikalen Widersprüchlichkeit im Hinblick auf „die guten Dinge der Schöpfung“, den Sakramenten und der Kirche. Diese Fragen schreien nach einer guten Antwort – und diese sieht Kuhrt in Wrights Theologie gegeben.

So behandelt er im dritten Kapitel Wrights Denken im Überblick anhand zentraler theologischer Stichworte. Thema um Thema arbeitet sich Kuhrt vor, von Wrights Geschichtsverständnis über sein Verständnis des Exils und der Auferstehung bis hin zur Frage nach Buße und Rechtfertigung, vom Reich Gottes über Götzendienst bis zur Autorität Gottes in der Heiligen Schrift. Zusammenfassend schreibt Kuhrt (S. 64):

Rather than restricting the gospel to being about individuals “going to heaven when you die”, the Church’s role is to live within the story of Scripture, demonstrating, by word and deed, radical and Spirit-filled signs of the resurrection life that Jesus Christ has come to bring.

Es folgen drei Kapitel der praktischen Anwendung. In Kapitel vier geht Kuhrt auf die Bedeutung von Wrights Eschatologie für die seelsorgerliche Praxis ein. Welche Bedeutung kann die Theologie von der Neuschöpfung für trauernde oder leidende Menschen haben? Er schließt mit der Frage, wie sehr eine Auferstehungs-Eschatolgie vermittelbar ist angesichts des quasi-gnostischen Dualismus, der die kirchliche Alltagssprache prägt.
Im fünften Kapitel wendet sich Kuhrt den Implikationen für Evangelisation und Mission zu. Wenn Gottes neue Schöpfung diese Erde mit einbezieht, dann hat diese Welt eine deutlich höhere Bedeutung, dann ist Mission ganz selbstverständlich ganzheitlich – ohne dabei den persönlichen Glauben als Gottesbeziehung des Einzelnen zu vernachlässigen. Wenn Jesus schon heute Herr der ganzen Welt ist, dann ist das wesentlicher Bestandteil christlicher Verkündigung.
Im sechsten Kapitel geht es um die Konsequenzen Wright’scher Theologie für das sonstige Gemeindeleben, für Gemeinschaft und Zugehörigkeit, für christliche Charakterentwicklung. Kuhrt geht ein auf Vergebung und auf den Einsatz der Gaben und Fähigkeiten aller Gemeindeglieder, auf Gottesdienst-Gestaltung und die Rolle von Frauen in der Gemeinde oder den Umgang mit Homosexualität. Schließlich benennt Kuhrt ein paar Punkte, an denen er nicht mit Wright übereinstimmt und bekennt ganz am Ende des Kapitels, dass die konsequente Anwendung von Wrights Theologie die Gemeinde auch einzelne Mitglieder gekostet hat.

Kuhrt schließt das Buch mit dem siebten Kapitel. Unter der Überschrift „The challenge of Tom Wright to the Church“ kehrt er zurück zum Thema des zweiten Kapitels: Wo hat die gegenwärtige evangelikale Christenheit eine Korrektur nötig? In Kuhrts Worten (S. 102f.):

One most challenging but important question to which we need to have an answer is, what fresh insights from the Bible have really changed our evangelical tradition in the last ten years? It is not a bad idea to ask this question in terms of our personal Christian lives as well! If we struggle to find an answer, or resent the question being asked, the chances are that our authority is resting somewhere other than the Bible.

Es ist diese Herausforderung, die Kuhrts Buch prägt und die es neben dem kompakten Einblick in und Überblick über Wrights theologisches Denken zu einer absoluten Leseempfehlung macht.

 

Patrik Frank, PhD (Otago)

Tabor-Absolvent und Gemeinschaftspastor

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Februar 2016

Karl Heinz Voigt

Der Zeit voraus. Die Gemeinschaftsbewegung als Schritt in die Moderne?

Erwägungen zur Vorgeschichte und Frühgeschichte des Gnadauer Gemeinschaftsverbands

Verlag: Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig

Jahr: 2014

Seiten: 204

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3-374-03748-3

28,00 €

Karl Heinz Voigt hat sich in den letzten zwanzig Jahren so gründlich wie kein anderer um eine historisch differenzierte Analyse und eine angemessene Würdigung der Gemeinschaftsbewegung bemüht. Sein neustes Werk „Der Zeit voraus“ bringt seine Forschungsergebnisse diesbezüglich in einer Gesamtschau sehr schön auf den Punkt, indem er die These aufstellt: „In der Gemeinschaftsbewegung kommt der angloamerikanische Typ methodistisch durchdrungener Theologie und Frömmigkeit in erheblich stärkerem Maß zum Ausdruck, als es die traditionelle Historiographie weitergab.“ (164) Voigt möchte also mit diesem Buch noch einmal ausführlich begründen, warum die Gemeinschaftsbewegung aus seiner Perspektive in wesentlichen Punkten von Einflüssen des angloamerikanischen „Methodismus“ geprägt worden ist, worunter er eine Frömmigkeitsbewegung versteht, die weit über die verfassten methodistischen Kirchen hinausgeht (34/89f). Da Voigt meint, diese Prägung in äußerst deutlicher Weise neben manchen Freikirchen auch in der Gemeinschaftsbewegung aufweisen zu können, bezeichnet er diese als „landeskirchlichen Methodismus“ (101). „Die Ähnlichkeiten zu methodistischen Gemeinden sind so frappierend, dass sich die Frage stellt, ob man die Gemeinschaftsgemeinde fast als eine innerlandeskirchliche Freikirche ansehen kann.“ (70) Die Betonung auf Evangelisation und Heiligung, die Gründung von eigenständigen Versammlungen und das praktizierte allgemeine Priestertum, das zur „Verkündigung durch autorisierte Laienprediger oder Laienevangelisten führte“ (34), seien typisch methodistische Anliegen gewesen, die von Theodor Christlieb und den Gnadauer Gründervätern bewusst in den Raum der evangelischen Landeskirchen und der schon bestehenden pietistischen Gemeinschaften eingebracht wurden, um sie neu zu beleben. Da aber der Methodismus aus kirchlicher Sicht äußerst negativ und sektiererisch beurteilt wurde, kam eine Offenlegung dieser methodistischen Zuströme der Gemeinschaftsbewegung, wie Paul Fleisch sie betrieb, „höchst ungelegen“ (43). So sei es nach Voigt dazu gekommen, „dass man auf jede nur mögliche Weise versuchte, sich von dem Makel, methodistisch geformt und auch inhaltlich bestimmt zu sein, zu befreien“ (43). Dies habe in der Praxis zum einen zu apologetisch ausgerichteten Selbstdarstellungen in Abgrenzung zum Methodismus und zum anderen zur organisatorischen Trennung von ursprünglich gemeinsamen Aktivitäten auf Allianz-Basis, z.B. im Bereich der Blaukreuz-Arbeit oder des Sängerbundes geführt. So sei es in der sogenannten Christliebschen Formel zur sprichwörtlichen Betonung gekommen, dass man auf jeden Fall „in der Kirche“ und „wo möglich mit der Kirche“ arbeiten wolle, womit ausgedrückt werden sollte: „Wir streben keinen autonomen, freikirchlichen Methodismus an, auch wenn wir in Theologie und Praxis einige seiner wesentlichen Positionen übernommen haben.“ (47) Damit wollte man sich davor schützen, von einer Methodismus-Kritik betroffen zu werden, „die das gesetzte Ziel, die Evangelisierung Deutschlands, schwer behindert haben würde.“ (48) Denn „die freikirchliche Erfahrung zeigte, welchen Vorteil es in der öffentlichen Wahrnehmung gerade im Zusammenhang mit der Evangelisation bedeutete, als ‚kirchlich’ in Erscheinung treten zu können und damit […] von dem kirchlicherseits erzeugten Bild einer ‚außerkirchlichen Sekte’ frei zu sein.“ (62)
Voigt belässt es nun aber nicht bei dieser Analyse, sondern geht mit seinem neuen Buch einen Schritt weiter, indem er die These aufstellt, dass die Gemeinschaftsbewegung sehr fortschrittliche Wesenszüge hatte, nämlich diejenigen, „die dieser Bewegung besonders durch die Vermittlung angelsächsischer Frömmigkeitsgestaltung innewohnten“ (48). Das Dilemma sei aber gewesen, dass man damals diese Wesenszüge nicht offensiv herausstellen konnte, ohne von der allgegenwärtigen Methodismus-Kritik mitbetroffen zu werden. So sei die Gemeinschaftsbewegung im Grunde schon damals äußerst modern und „der Zeit voraus“ gewesen, was man aber heute „erst in der Rückschau klar erkennen und bewerten könne“(49).

Im weiteren Verlauf macht Voigt anhand von zehn Praxisfeldern deutlich, inwiefern die Gemeinschaftsbewegung für die evangelischen Landeskirchen eine geradezu modellhafte Vorarbeit geleistet hat. Es sind dies 1. die Bildung von staatsunabhängigen kirchlichen Organisationen, 2. die Bildung einer überregionalen Gemeinschaft, 3. die ökumenisch-überkonfessionelle Weite, 4. die Aktivierung von Laien (darunter auch Frauen!) für den Verkündigungsdienst, 5. eine missionarisch ausgerichtete Theologie, 6. eine vielfältige Frömmigkeitspraxis innerhalb eines lebendigen Gemeindelebens, 7. die Einführung von Großveranstaltungen und Konferenzen, 8. die internationale Verflechtung, 9. das beziehungsreiche Netzwerken und 10. die flexible Anpassung an die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Umwälzungen zwischen Kaiserreich und Weimarer Republik.
Im zweiten Teil des Buches versucht Voigt dann aufzeigen „zu welchen Konsequenzen in der historischen Verortung ein verändertes Selbstverständnis der Gemeinschaftsbewegung führen kann.“ (83) Er betont, dass ein wesentlicher Grund für die Abgrenzung der Gemeinschaftsbewegung von den Freikirchen darin zu sehen sei, dass sie schon von Beginn an in den Sog eines nationalen Enthusiasmus im deutschen Kaiserreich geraten sei, der sich je länger je mehr gegen internationale Einflüsse abgegrenzt habe. Jegliche Hinweise, die die Gemeinschaftsbewegung mit dem Methodismus in Verbindung brachten, führten dazu, sie „in ihrer nationalen Orientierung und in ihrer Treue und Bindung an die deutsche Theologie infrage zu stellen“ (130). Erst recht gelte dies in Bezug auf die für die Gemeinschaftsbewegung geradezu traumatischen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Trennung von der Pfingstbewegung 1909. „Da musste der abgrenzende Rückgriff auf den deutschen Pietismus angesichts der internationalen Einflüsse befreiend wirken“ (135).
Voigt stellt im weiteren Verlauf dar, wie schon zeitgenössische Beobachter der entstehenden Gemeinschaftsbewegung deutlich die methodistische Grundprägung wahrnahmen und differenziert analysierten (91-102). Außerdem belegt er, dass mit Pearsall Smith, von Schlümbach, Christlieb und Schrenk entscheidende Schlüsselpersonen für die Initiierung der Gemeinschaftsbewegung dezidiert methodistische Frömmigkeit und organisationstheoretische Ideen verinnerlicht hatten, was schon bei der Gründung des Deutschen Evangelisationsvereins 1884 klar zum Ausdruck kam (103-128). Außerdem sei auch schon die vorausgegangene Erweckungsbewegung maßgeblich von englischen Impulsen bestimmt gewesen (135-138) und auch die Waliser Erweckung von 1904/05 habe wesentlich zu einer Vertiefung der „methodistischen“ Prägung der deutschen Gemeinschaftsbewegung beigetragen (139f). Voigt belegt dann, dass auch in den Kirchenbehörden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zumindest die Fremdartigkeit der Gemeinschaftsbewegung deutlich artikuliert wurde, die sich signifikant von den bis dato vorhandenen pietistischen Aufbrüchen unterschied (142-147). In einem letzten darstellenden Abschnitt macht Voigt noch deutlich, dass die Gemeinschaftsbewegung einen Großteil der Herrnhuter Diaspora-Arbeit und auch viele methodistische Gemeinschaften, ganz im Sinne von Christliebs Gesamt-Strategie, ausgesaugt oder ganz aufgesogen hat, und viele „Methodisten“ damit wieder ein Teil der Landeskirchen wurden (148-157). Organisatorisch identifiziert Voigt den Paradigmenwechsel von einer „erbaulichen Binnenschau zur missionarischen Aktivität“ (158), sowie „die Umsetzung des Bildes von einer christlichen Gemeinschaft“ (160), und zwar von aktiven, mündigen Mitgliedern, die sich mit einem Gelübde verpflichten, als die zentralen Innovationen der Gemeinschaftsbewegung. So kommt Voigt schlussendlich wieder auf seine bekannte These, dass es nicht angemessen sei, die Gemeinschaftsbewegung als „Neupietismus“ zu bezeichnen. Seine Vermutung ist, dass die Gemeinschaftsbewegung diesen Begriff vor allem deshalb in den letzten Jahrzehnten vermehrt als Selbstbezeichnung angewendet habe, um dem zunehmend negativen Image des Alternativbegriffs „Evangelikale“ zu entgehen (83f). Dies sei zwar nachvollziehbar, habe aber als Nebenwirkung eine rückwärtsgewandte Verengung auf eine pietistisch-nationale Traditionslinie zur Folge, die die massiv aufgenommenen angloamerikanischen Traditionszuflüsse ausblende, bzw. zu wenig würdige. Damit würde man „auf jeden Fall der Tendenz einer national empfundenen Geschichtsschreibung Vorschub leisten“ (135). Er fragt stattdessen: „Was wäre eigentlich verloren, wenn die Gnadauer, anstatt sich als ‚Neupietismus‘ zu definieren, zur Differenzierung in ihrem Frömmigkeitsumfeld sich auf ihren eigenen, durchaus verständlichen Begriff Gemeinschaftsbewegung, der ihren kirchlichen Standort präzise ausdrückt, konzentrieren?“ (168)

Dazu ist zu sagen, dass Voigt hier aus meiner Sicht einen Kampf gegen Windmühlen kämpft. Im Raum des Gnadauer Verbandes bezeichnet man sich selbst seit jeher durchgängig als „Gemeinschaftsbewegung“. Nur die Forschungsstelle Neupietismus an der Ev. Hochschule Tabor hat den Begriff „Neupietismus“ verstärkt in die wissenschaftliche Diskussion eingebracht, aber nicht gegen Voigt, sondern gerade um mit ihm deutlich zu machen, dass die Gnadauer neben dem pietistischen Erbe auch etwas grundlegend „Neues“, nämlich die angloamerikanischen Einflüsse, integriert haben.
Dafür bietet auch dieses Buch wieder viele überzeugende Belege. Man könnte mit Voigt höchstens darüber streiten, wie die Anteile der Prägung zwischen Pietismus und Methodismus verteilt sind.
Es ist unwidersprochen so, dass die Gemeinschaftsbewegung immense Anstöße aus dem angloamerikanischen Christentum aufgenommen hat. Die Frage ist nur, ob man Voigts Meinung teilt, dass die „bis heute wirkenden Anstöße überwiegend [Hervorhebung F.L.] von der Britischen Insel“ gekommen sind. Lässt sich das wirklich so quantifizieren? Ist die Gemeinschaftsbewegung tatsächlich zu 80 % oder auch nur 60 % eine Art englischer Methodismus? Wird dabei nicht grundlegend übersehen, wie massiv auch die alten pietistischen Ideen des gemeinsamen Austauschs über der Bibel, die Betonung der persönlichen Beziehung zu Jesus, die Forderung der Bekehrung des Einzelnen, die gelebte Gemeinschaft, der Blick auf einen veränderten Lebenswandel und das Herz für die Missionsarbeit vitale Grundmuster der Gemeinschaftsbewegung bildeten und bis heute bilden?

Ich möchte mich daher auch in Bezug auf dieses neuste Buch von Karl Heinz Voigt dem 90 Jahre alten Diktum von Ludwig Thimme aus dem Jahr 1925 anschließen:

„Nach allem kann man abschließend sagen: So stark auch die angelsächsischen Einflüsse in der Gemeinschaftsbewegung auftraten, so schlugen doch immer wieder die reformatorisch pietistischen und Wichernschen Gedanken durch. Somit ist es als Gesamturteil historisch unrichtig, wenn man die Gemeinschaftsbewegung eine englische Bewegung nennt. Die Gemeinschaftsbewegung kann eben als Bewegung unmöglich einheitlich verstanden werden. Man muss sie vielmehr auffassen als die Resultante zweier Seitenkräfte, der deutsch-reformatorisch-pietistischen auf der einen Seite und der angelsächsisch-methodistisch-oxforder Richtung auf der anderen Seite. Weder der einen noch der anderen Richtung folgt die deutsche Gemeinschaftsbewegung, sondern sie geht in die Richtung der Diagonale.“ (Ludwig Thimme: Kirche, Sekte und Gemeinschaftsbewegung vom Standpunkt einer christlichen Soziologie aus, Schwerin 1925, 187f.)

Um dem gerecht zu werden ist natürlich der Begriff „Neupietismus“ tatsächlich zu einseitig, und man müsste eher von einem „Metho-Pietismus“ sprechen. Dies macht aber keinerlei Sinn, da man heutzutage bei dem Begriff „Methodismus“ nur noch an die Evangelisch-methodistische Kirche denkt, mit der die Gemeinschaftsbewegung kaum Berührungen hat. Insofern bliebe nur der Alternativbegriff „Evangelikalismus“, der allerdings heute allgemein – ähnlich wie der Begriff „Methodismus“ vor 150 Jahren – als etwas „Amerikanisch-Fundamentalistisches“ empfunden wird. Um dem entgegenzusteuern macht es vielleicht tatsächlich gerade heute für die Gemeinschaftsbewegung ausgesprochen Sinn, nach außen hin, die alten deutschen Traditionslinien wieder zu betonen, die genauso wichtig für die eigene Prägung sind wie die Anstöße aus dem angloamerikanischen Raum. Dafür ist allerdings noch manche historische Arbeit zu leisten. So hat Voigt Recht, wenn er schreibt: „Zur ersten Klärung wäre es hilfreich, wenn die Linien vom Pietismus und den Erweckungsbewegungen in die Gemeinschaftsbewegung hinein nicht nur allgemein postuliert, sondern konkret an Personen, an theologischen Linien und an Organisationsmustern aufgezeigt würden.“ (164)
Formal entwickelt das Buch leider keine wirklich durchgängig aufeinander aufbauende Argumentation, sondern ist teilweise kreisend mit manchen Wiederholungen geschrieben, was erahnen lässt, dass es eine etwas heterogene Zusammenstellung von Teilforschungen aus verschiedenen Lebensphasen ist.
Insgesamt bleibt auch ein etwas irritierender Nachgeschmack. Vordergründig nämlich erscheint das Buch zwar als ein wertschätzendes Loblied auf die Gemeinschaftsbewegung, die schon vor 125 Jahren ihrer „Zeit voraus“ gewesen sei. Dahinter wird aber die These aufgebaut, dass alles Fortschrittliche an dieser Bewegung im Grunde die methodistischen Elemente waren. Die Gemeinschaftsbewegung habe also ihre wesentlichen innovativen Grundideen von den Freikirchen übernommen, musste diese Traditionslinie aber vor 100 Jahren noch möglichst verheimlichen, um nicht von den Landeskirchen zu sehr angefeindet zu werden. Heute aber, so Voigt, könne man diese starke freikirchliche Prägung doch offen zugeben! In indirekter Form wird damit dem Leser vermittelt, dass die wirklich fortschrittliche und „moderne“ Form des Christentums letztlich die Freikirchen sind. Da dies von einem ausgewiesenen Freikirchler behauptet wird, wirkt das Buch am Ende etwas tendenziös und unwissenschaftlich, als verfolge Voigt letztlich mit seiner wissenschaftlichen Arbeit die verborgene Agenda eines freikirchlich-apologetischen Interesses.

Trotzdem ist das Buch insgesamt ein gelungener und wichtiger Beitrag für die Erforschung und Analyse der Gemeinschaftsbewegung.

 

Frank Lüdke

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Januar 2016

Paul M. Zulehner

Gott ist größer als unser Herz
Eine Pastoral des Erbarmens

 

Schwabenverlag 
Jahr: 2006
Seiten: 204
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-7966-1305-0 

Wenn man die aktuelle Diskussion um Flüchtlinge, Obergrenzen, Terror, Islam etc. nur ein bisschen verfolgt, dann fällt vor allem eines auf: Die Diskussionen werden erbarmungslos geführt, „Gegner“ per Wort verletzt und möglichst vernichtet, Flüchtende diffamiert etc. — und auch erbarmungslose Taten geschehen in einem fort oder werden gefordert. Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte, Begrenzung von Familienzuzug, Kürzung der Sozialleistungen auf unter Hartz4-Niveau und und und …
Wir leben in erbarmungslosen Zeiten.
Zulehner, emeritierter kath. Professor für Pastoraltheologie an der Universität Wien, nimmt sich mit seinem Buch „Gott ist größer als unser Herz (1 Joh 3,20). Eine Pastoral des Erbarmens“ dieser Beobachtung an.

Er zeigt auf zu Beginn, inwiefern unsere Welt erbarmungslos ist und agiert. Dabei bleibt er nicht bei einzelnen Beispielen, wie zum Start dieser Rezension, stehen, sondern kennzeichnet die Kultur unserer westlichen Gesellschaft als ganzes als erbarmungslos in ihrer Anwendung von Freiheit, die zu Verlust von Selbstvertrauen, Handlungs- und Freiheitswillen führt, Manifestierung von Ungerechtigkeiten, die unserer Gesellschaft einen neodarwinistischen Zug verleiht und die Festlegung auf reine Diesseitigkeit, die ob der Überforderung alles Glück jetzt erleben zu müssen oft zu Sucht, psychosomatischen Krankheiten und sektoiden Sonderwelten führt. Zulehner schafft es, dies alles weder anklagend noch moralisierend darzustellen — im Gegenteil spürt man dem Text ab, wie sehr sein Autor unter dieser Erbarmungslosigkeit leidet.
Als Kontrast malt Zulehner Gott als den Erbarmungsvollem vor Augen und lässt dem Leser in einer meditativen Betrachtung des Gleichnisses vom Vater und den zwei Söhnen aus Lukas 15 diesen sich erbarmenden Gott hautnah kommen. Der Leser kann nachspüren, wie wohltuend Erbarmen ist, das Gerechtigkeit überbietet. Dabei entsteht der Wunsch danach, dass auch das eigene Lebender von diesem Erbarmen geprägt sein möge.
Aus der Erfahrung dieses Erbarmens Gottes heraus zeigt Zulehner in verschiedensten Beispielen einen spirituellen Weg des Erbarmens auf.
Er klassifiziert Erbarmen als Tugend, die es zu erlernen und einzuüben gilt — sowohl für den Einzelnen, als auch für die christliche Gemeinschaft. Dabei geht er von den „Werken der Barmherzigkeit“ aus, die die christliche Tradition aus Jes58,3-11 und Mt25,31-40 ableitet. Besonders katholischerseits spielen die Werke der Barmherzigkeit eine wichtige Rolle und sind wie folgt benannt: Leibliche Werke der Barmherzigkeit (Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde beherbergen, Kranke und Gefangene besuchen, Tote begraben) und Geistliche Werke der Barmherzigkeit (Unwissende belehren, Zweifelnden raten, Trauernde trösten, Sünder zurechtweisen, dem Beleidigen verzeihen, Unrecht ertragen und für die Lebenden und Toten beten. (Vgl. 73)
Damit wird schon seit jeher ein Weg aufgezeigt, wie sich eine Grundhaltung des Erbarmens praktisch ummünzen lässt.

Zulehner versucht im Folgenden „eine Art Update der Werke der Barmherzigkeit“ (76). Dabei versteht er es, einzelne Werke beispielhaft nicht nur konkret, sondern auch strukturell zu denken. So fragt er z.B. zu „Durstige tränken“, was das bedeuten kann angesichts des sich deutlich abzeichnenden Wassermangels auf der Erde.
Bei all dem ist das „Gott ist größer als unser Herz“ weder lang noch hochtrabend formuliert — es lässt sich wunderbar einfach lesen, spricht Kopf und Herz gleichermaßen an und bietet dem Leser an, ihn auf eine spirituelle Reise mitzunehmen, hin zu einer Pastoral des Erbarmens, einer Gemeindekultur, die von Erbarmen geprägt ist und Menschen befähigt einander gerecht zu werden.
Zulehners Wunsch und Hoffnung am Ende seines Buches drückt aus, was ich mir ebenfalls für unsere Welt — gerade in der aktuellen Situation — wünsche — und wozu das vorgestellte Buch einen kleinen Beitrag leisten möchte — und m.E. auch zu leisten vermag: „Wo Menschen von dieser Woge des aus dem Innersten Gottes und damit aus dem Innersten der Welt strömenden Erbarmens erfasst werden, bekommen sie ein neues Herz füreinander. Das läutet das Ende der herzlosen Welt ein. Sie verliert ihre wiedergöttlichen Züge: ihre Erbarmungslosigkeit.“ (197)

 

Heiko Metz

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Dezember 2015

Rachel Joyce

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry

Krueger Verlag 
Jahr: 2012
Seiten: 400
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-596-19536-7  
9,99 € Taschenbuch

 

Das Geheimnis der Queenie Hennessy

Der nie abgeschickte Liebesbrief an Harold Fry

Krueger Verlag
Jahr: 2014
Seiten: 400
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-596-03069-9
9,99 € Taschenbuch

Die unwahrscheinliche Pilgerreise des Harold Fry ist ein Roman über eine ganz andere, weltliche Pilgerfahrt. Harold Fry, Einwohner einer südenglischen Kleinstadt, erhält von seiner alten Arbeitskollegin Queenie einen kurzen Brief. Sie sei im Hospiz in Berwick-upon-Tweed, an der Küste Nordostenglands. Krebs, im letzten Stadium. Sie wolle sich einfach mal nach diesen vielen Jahren melden und sagen, wie sehr sie Harold geschätzt habe.
Harold versucht, eine Antwort zu schreiben. Stockend und kurz wird sie. Aber er weiß nicht, was er sonst noch sagen soll. Auf dem Weg zum Briefkasten beginnt er, über die Beziehung, die Vergangenheit und sein eigenes Leben nachzudenken. Er läuft am Briefkasten vorbei, durch die Stadt, aus der Stadt heraus. Er beschließt zu Queenie zu laufen.
Auf seinem Weg begegnet Harold vielen Menschen, die ihm helfen, ihn beherbergen, ermutigen und auch überfordern. Er hat viel Zeit, über das Bruchstückhafte und Misslungene in seinem Leben nachzudenken. Über seine Ehe und seinen Sohn, mit dem er nie wirklich kommunizieren konnte.

Der nie abgeschickte Liebesbrief an Harold Fry ist ein zweiter Roman, der die Zeit der Pilgerfahrt aus der Perspektive von Queenie erzählt. Ihre Seite der Geschichte wirft ein ganz anderes Licht auf die Geschichte. Es wird deutlich, wie sehr die Beziehung von Harold und Queenie von Nichtkommunikation geprägt ist, von Zurückhaltung, von nicht sagen können, was man sagen will. Zugleich gibt es eine grosse gegenseitige Achtung. Dennoch bleibt der jeweils andere letztlich ein Geheimnis.

Autorin Rachel Joyce schreibt im Doppelwerk eine bewegende und spannende Erzählung dieser Reise durch England und das Warten im Hospiz. Dabei thematisiert sie die Themen Tod und Krankheit, Trauer und Reue, Liebe und Beziehungen auf eine gute und humorvolle Weise, die zum Staunen und Nachdenken führt. So schön und so traurig und so heilig ist jedes Menschenleben. Als Romane sind sie wärmstens zu empfehlen.
Nun geht es ja eigentlich gar nicht um Theologie in diesen Büchern und Religion spielt auch keine große Rolle. Doch viele Menschen, die von Harolds Reise zu Queenie hören, greifen auf eine religiöse Begriffswelt zurück, um das Phänomen zu beschreiben. Es sei eben eine Pilgerreise, sagen welche. Sie fragen, und Harold fragt sich: Wird dieser Akt der Liebe Queenie heilen? Wird er sie retten? Glaubt er daran?
Vielleicht, sagen andere, will Harold durch seine Reise den Menschen etwas sagen oder ihnen einen neuen Weg zeigen. Menschen fangen an, mit Harold zu laufen, ihm nachzufolgen. Es wird von ihm in den Lokalnachrichten erzählt.
Die beiden Hauptfiguren der Geschichte, Harold und Queenie, lehnen die Kategorie des Religiösen ab. Sie seien nie wirklich religiös gewesen. Harold glaubt letzten Endes nicht, dass sein Laufen Queenie heilen wird. Queenie findet es jetzt nicht möglich oder naheliegend, plötzlich anzufangen an Gott zu glauben, nur weil sie krank ist.
Glauben tun die anderen. Die Menschen, die Harold nachfolgen, für die sein Weg eine geistliche Erneuerung und Lebenswende ankündigt. Und die Schwestern im Hospiz, katholische Ordensfrauen. Sie beten und arbeiten, sind nicht gehetzt sondern hören zu.
Die Weihnachtsfeier – vorgelegt auf Mai damit eine Hospizbewohnerin es ein letztes Mal erleben kann, wird zum Moment von Trost und Gemeinschaft. In ihrer letzten Nacht hört man die Bewohnerin ein Lied vom Kind in der Krippe singen. So wird sie zum Nachahmer des Simeons (Lukas 2).
Gerade der zweite Roman hat mich in diesem Aspekt bewegt, denn die Schwestern sind für mich ein Sinnbild für die Gegenwart der christlichen Gemeinde in einer nachchristlichen Gesellschaft. Genährt und froh gemacht durch ihre geistliche Tradition, deuten sie die Welt und ihren Lauf anders als die Menschen, die aus verschiedensten Gründen dem Christentum eine Absage erteilt haben. Sie begleiten diese anders denkenden und empfindenden Menschen mit Humor und unaufdringlicher Liebe.

Rachel Joyces ganz gelungenes Doppelwerk über Harold und Queenie lässt uns fragen, was wir mit unserem Leben und unseren Beziehungen anstellen. Memento mori!

 

Sam Shearn

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November 2016

Andreas Kusch

Transformierender Glaube, erneuerte Kultur, sozioökonomische Entwicklung

Missiologische Beiträge zu einer transformativen Entwicklungspraxis

Verlag: VTR Nürnberg

Jahr: 2007

Seiten: 383

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3937965789

29,80 €

Andreas Kusch, Dozent an der Akademie für Weltmission, legt mit „Transformierender Glaube. Missbiologische Beiträge zu einer transformativen Entwicklungspraxis“ einen Sammelband verschiedenster Aufsätze und Autoren aus unterschiedlichen beruflichen Hintergründen vor. Das Buch ist 2007 erschienen, die einzelnen Aufsätze decken eine Zeitspanne von 1992 bis 2007 ab — einige der Beiträge wurden vorab auch schon anderweitig veröffentlicht. So ist das Buch, um das es heute geht nicht mehr ganz frisch, aber trotzdem einen genauen Blick wert!

Der Sammelband versteht sich als Bestandsaufnahme einer Diskussion, die eine große und lange Tradition hat. Der Frage nach dem Verhältnis von Mission und Diakonie, der Ganzheitlichkeit von Mission und Glauben, sowie der Weltverantwortung von Christen. Wurde in der jüngeren Vergangenheit der soziale Beitrag christlicher Mission im Bereich der evangelikalen Christenheit eher sehr eng geführt im Sinne von Evangelisation verstanden, setzte sich mehr und mehr die Erkenntnis durch, dass die Verantwortung von Christen weit darüber hinaus gehen kann und vielleicht sogar muss. Gleichzeitig stellt sich mit so einer Trendwende natürlich auch viele Fragen, was es denn theologisch-theoretisch und -praktisch bedeutet, wenn sich die christlich-soziale Verantwortung auf den ganzen Menschen bezieht und geglaubt und gelebt sein will, dass „der Glaube an Jesus Christus eine den ganzen Menschen transformierende Kraft ist“, der die individuelle und gesellschaftliche Realität“ verändert (7).
Dabei ist die vielfältige Diskussion nicht etwa ausgesperrt und der Band eine Sammlung gleichmeinender Autoren — im Gegenteil. Die verschiedenen Autoren haben durchaus unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen zu diesen Fragen und Themen. So bleibt z.B. Schirrmacher in seinem Buchbeitrag erwartungsgemäß eher im Rahmen der bisherigen, eher enggeführten Position, die vor allem auf das persönlich Heil setzt, während Padilla konstatiert: „Nicht die Rettung der Einzelseele ist das Hauptanliegen der Botschaft Jesu, sondern die Sinngebung für die menschliche Geschichte insgesamt“ (11). Allen ist abzuspüren, dass sie sich engagiert, ernsthaft und um der Sache Willen Gedanken machen — genau das macht diesen Band so lesenswert.
Damit stellt dieser Sammelband die Frage nach dem Auftrag der Christen an sich noch einmal neu — und wird damit auch für Christen spannend, die sich nicht speziell im Themenbereich Mission tummeln.

Zwar ist das Buch in gruppierende Abschnitte aufgeteilt (Weltgestaltender Glaube / Erneuerte Kultur / Transformierende Mission / Transformation Entwicklungspraxis), trotzdem bleibt trotz vieler sehr guter und horizonterweiternder Beiträge ein etwas chaotischer Eindruck zurück. Ein wenig mehr Struktur und roter Faden hätte dem Werk sicher gut getan.
Da 2007 schon einige Jahre zurück liegt, wäre es wünschenswert, wenn der Herausgeber an einem Nachfolgeband arbeiten würde, der die aktuellsten Entwicklungen abzubilden vermag.
Wer sich mit der Frage der Verantwortung von Christen in und für die Welt beschäftigen möchte und einen Überblick über die Diskussion bekommen möchte, ist hier gut beraten. Vor allem, wer selbst gern denken und sich eine Meinung bilden möchte, wird bei der Lektüre auf seine Kosten kommen.

 

Heiko Metz

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Oktober 2015

Heinzpeter Hempelmann

„Stürzen wir nicht fortwährend?“

Diskurse über Wahrheit, Dialog und Toleranz.

Verlag: SCM Brockhaus Witten

Jahr: 2015

Seiten: 592

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3417295481

29,95 €

Mit diesem Band legt Heinzpeter Hempelmann den dritten Band seiner vierteiligen Reihe zum christlichen Wahrheitszeugnis inmitten eines postmodernen Wahrheitspluralismus vor. Zum Einstieg rekapituliert Hempelmann die Herausforderung der postmodernen Situation, wie sie von Nietzsche in seinem Gedanken des Todes Gottes verdichtet wurde, und führt so noch einmal ein in die grundlegende Perspektive des Gesamtprojekts. Im zweiten Abschnitt arbeitet sich Hempelmann am binnenkirchlichen Diskurs ab, wie die Vielfalt christlicher Wahrheitsüberzeugungen und die Einheit der Kirche miteinander verbunden werden können. Grundsätzlich wird im Anschluss die Auseinandersetzung mit einem „postmodernen“ Wahrheitspluralismus geführt. Als vermeintlicher Gegenentwurf zum Fundamentalismus gemeint, lebt auch dieser Ansatz von einem robusten Absolutismus seiner Geltungsüberzeugung (Gottesstandpunkt). Die Kapitel vier und fünf drehen sich um zwei Schlüsselworten der modernen Debatte: Dialog und Toleranz. Zunächst zeigt Hempelmann, dass die immer noch begegnende Entgegensetzung von Dialog und Mission in die Irre führt. Ohne Position gibt es keinen Dialog, ohne einen solchen keine Begegnung. Die Diskussion zur Toleranz wird vor allem vertieft durch eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Kritik am Monotheismus. Sind monotheistische Religionen grundsätzlich nicht friedensfähig? Ist die Entgegensetzung des einen Gottes gegen die Vielfalt der Religionen die Mutter aller Intoleranz?

Wer sich mit früheren Veröffentlichungen von Heinzpeter Hempelmann beschäftigt hat, wird eine Reihe von Stichworten wieder erkennen, wie die Unterscheidung von Sachtoleranz und Persontoleranz, die Kritik am Gottesstandpunkt oder die Suche nach einem dritten Weg jenseits von Fundamentalismus und Wahrheitsrelativismus. Viele dieser Fragen hat Heinzpeter Hempelmann schon seit den 1990er Jahren ausführlich behandelt. Eine Reihe von älteren Texten (Wahrheit ohne Toleranz – Toleranz ohne Wahrheit? [1995], Glauben alle an denselben Gott? [1997], Gott ohne Gewalt [2009] etc.) ist in diesem Werk noch einmal neu zusammengestellt. Lohnt es, diese Fragen noch einmal im großen Zusammenhang zu durchdenken? Die spannende Frage lautet: Wie sind diese Gedanken inzwischen vertieft bzw. weiterentwickelt worden?

Was ist neu? Zunächst einmal das Bewusstsein, dass diese Form der Auseinandersetzung selbst ein Teil moderner, rationaler Bewältigungsversuche heutiger Herausforderungen ist und darum notgedrungen die Einsicht in die begrenzte Reichweite solcher Überlegungen bedarf.
Stärker zur Geltung kommt auch eine kirchlich-praktische Perspektive, wie es Kirchen gelingen kann, unterschiedliche Strömungen zu integrieren bzw. beieinander zu behalten.
Neu ist schließlich auch das Stichwort einer „schwachen Theologie“. Ausgehend von der Zeitdiagnose Friedrich Nietzsches wurde schon in den bisherigen Bänden die Auseinandersetzung mit verschiedenen „postmodernen“ Denkern geführt, so in der Aufnahme von Putnams Kritik des Gottesstandpunktes, Assmanns Kritik des gewaltförmigen Monotheismus oder Vattimos Kritik des starken Denkens und seinem Plädoyer für ein schwaches Denken. In diesem Band ist es vor allem der Gießener Philosoph Odo Marquard, dessen Kritik am Absolutismus der Vernunft positiv verarbeitet wird. Was steht hinter dieser für viele vielleicht ungewohnten Formel einer „schwachen Theologie“? Grundlegend für Hempelmanns Entwurf ist nach wie vor der Ansatz einer auf Christus bezogenen Wort-Gottes-Theologie. Mehr und mehr ist es die spezifische Gestalt Christi, die als maßgeblich auch für das theologische Zeugnis von ihr eingeschärft wird. Der Weg Jesu mit seinem Macht- und Statusverzicht, seiner Gewaltlosigkeit und Feindesliebe kann nicht von einem Denken bezeugt werden, das sich seinerseits selbstbehauptend und aggressiv gegen seine vermeintlichen Bestreiter wendet. „Das Evangelium kann ich nur so kommunizieren, dass die Art und Weise, in der ich es mit-teile, seinem Inhalt entspricht.“ (560).

Der dritte und letzte Band (der vierte ist schon 2006 erschienen) ist noch zu erwarten, und wenn sich angesichts des in Aussicht gestellten Aufbaus drei Wünsche äußern ließen, dann folgende:
Die Herausforderung des Fundamentalismus ist immer wieder als die andere Seite eines postmodernen Wahrheitsrelativismus erwähnt worden, m. E. aber noch nicht in gleicher Ausführlichkeit bearbeitet.
Wer in der Beschäftigung mit der Postmoderne bei Nietzsche seinen Ausgangspunkt nimmt, muss der nicht früher oder später zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Michel Foucault kommen?
Und zuletzt: Lassen sich auf dem Wege dieser Debatte die aktuellen Beiträge liberaler Theologie stärker ins Gespräch ziehen und würdigen?

 

Prof. Dr. Thorsten Dietz

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