Orientierung

Buch des Monats 2017-06

Buch des Monats 2017-06

Uwe Birnstein

Argula von Grumbach. Das Leben der bayerischen Reformatorin

Verlag: Neufeld

Jahr: 2014

Seiten: 128

Sprache: Deutsch

ISBN: 978-3-86256-048-6

Preis: 14,90 €

 

So richtig fing es mit der Affäre Seehofer an. Seehofer brachte nicht nur Ingolstadt, namentlich die dortige Hohe Schule in Aufruhr, sondern auch die Regierungshauptstadt in München.

Der 18-jährige Student Arsacius Seehofer wurde von Leonhard von Eck, Rektor der Ingolstädter Universität zum Widerruf seiner in reformatorischen Lehren gezwungen, die er während seines Studiums in Wittenberg begeistert übernommen hatte. Diese Lehren seien eine Gefahr für die Universität Ingolstadt und so schlug Leonhard von Eck dem bayrischen Herzog Wilhelm IV. vor, dass Seehofer seine Lehren unter Eid widerrufen solle und danach in ein Kloster strafversetzt zu werden. Schließlich widerrief Seehofer und wurde ins Kloster Ettal versetzt. Zudem wurden zwölf seiner Schüler in den Kerker der Universität gebracht und mussten sich der kirchlichen Lehre unterwerfen.

Als die Adlige Argula von Grumbach davon erfuhr, empörte sie sich über die Vorgänge und setzte sich engagiert für die Erkenntnisse der Reformation und Arsacius ein. Sie schrieb Sendbriefe an die Ingolstädter Universität und die bayrische Regierung voller Bibelzitate und theologisch-reformatorischer Argumente. Diese fanden großes Aufsehen, wurden tausendfach nachgedruckt und sogar durch ein anonymes Schmähgedicht düpiert.

Argula von Grumbach (1492–1554) war eine mutige, neugierige Frau. Wissensdurstig las sie die verschiedensten Bücher, darunter auch die Schriften der Wittenberger Reformatoren, insbesondere Martin Luthers. Diese begeisterten sie und sie vernetzte sich mit den theologischen Vordenkern. Sie schrieb Briefe mit Martin Luther, den sie später auch auf der Veste Coburg traf und tauschte sich mit Georg Spalatinb und Andreas Osiander aus. Dem Nürnberger Reichstag wohnte sie bei und reiste nach Augsburg, wo der reformatorische Glaube verteidigt wurde.

Wirklich, Argula von Grumbach war eine Reformatorin — voller Leidenschaft für die Bibel, die ihr die Gnade Gottes zeigte, voller Courage für Gerechtigkeit einzustehen und voller Kontaktfreudigkeit. Man könnte meinen, das Leben der Adligen sei voller Glanz und Glamour, doch musste sie viele Schicksalsschläge in ihrem Leben erleiden.

Über all das berichtet der evangelische Theologe und Journalist Uwe Birnstein kenntnisreich und mit gut aufbereitetem Literaturverzeichnis. Lebhaft und plastisch beschreibt er das Leben der Reformatorin, sodass sich das Buch leicht lesen lässt. Hilfreich sind zudem Birnsteins Ausführungen zur Reformationsgeschichte, zum bayrischen Adel sowie zur Rolle der Frau in der Renaissance.

Uwe Birnstein geht transparent mit uneindeutigen  Erkenntnissen zu Argula von Grumbachs Biografie um und schreibt diese im Konjunktiv und stellt immer wieder klar, dass dieses oder jenes Ereignis nur „wahrscheinlich“ oder „vermutlich“ eingetroffen sei. Diese wissenschaftlich redliche Vorgehensweise erschwert meines Erachtens allerdings immer wieder den Lesefluss.

Die Geschichte untermalen vielfältige Bilder der Protagonisten, Orte oder Schriften. Außerdem ist die Biogafie durch einen Reiseführer mit verschiedenen Routen zu den fränkischen und bayrischen Wirkungsstätten von Argula von Grumbach ergänzt, die Lust auf Besuche machen.

Das Lesen dieser Biografie der Reformatorin lohnt sich – nicht nur zum Reformationsjubiläum 2017! Denn Leben, Glauben und Handeln der Frau aus Franken hinterfragen und ermutigen zum beherzten Einstehen für Einsichten der Reformation. Aber nicht nur das – durch den angehängten Reiseführer eignet sich das Buch auch sehr gut als gemeinsame Lektüre für Gemeinden, Bibelstunden oder Hauskreise, die sich auf die Spuren der Adligen begeben möchten

 

Kathinka Hertlein

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